Zulässigkeit von Rabatt- und Bonussystemen von EU-Versandapotheken

von Lieb Rechtsanwälte

Der Bundesgerichtshof hat Ende Februar im Rahmen von fünf Verfahren (I ZR 72/08, I ZR 119/09, I ZR 120/09, I ZR 77/09 und I ZR 79/10) bezüglich der Zulässigkeit von Bonussystemen bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch EU-Versandapotheken entschieden, dass diese bei der Abgabe solcher Arzneimittel ebenso der deutschen Arzneimittelpreisbindung unterliegen wie deutsche Apotheken.

Eine der Beklagten ist eine in den Niederlanden ansässige Apotheke, die im Wege des Internet-Versandhandels Medikamente für den deutschen Markt anbietet. In einem weiteren Verfahren waren die Beklagten drei deutsche Apotheken, die für den Einkaufsservice einer in den Niederlanden ansässigen Versandapotheke warben. In einem weiteren Verfahren war ein großes deutsches Versandhandelsunternehmen beklagt, das mit einem Einleger in seinem Katalog für eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke warb, die Boni für die Einlösung von Rezepten versprach.

Die in den Niederlanden ansässige Apotheke warb mit ihrem Bonussystem, nach dem der Kunde beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente auf das Kassenrezept einen Bonus von 3% des Warenwertes, mindestens aber € 2,50 und höchstens € 15,00 pro verordneter Packung erhalten sollte. Der Bonus sollte unmittelbar mit dem Rechnungsbetrag oder im Rahmen einer künftigen Bestellung verrechnet werden.

Die Kläger sahen in dem Verhalten der Beklagten u.a. einen Verstoß gegen die im Arzneimittelrecht für verschreibungspflichtige Arzneimittel geltenden Preisbindungsvorschriften und haben die Beklagten auf Unterlassung der Ankündigung oder Gewährung der Boni bzw. Empfehlung der niederländischen Versandhandelsapotheke in Anspruch genommen.

Der BGH bejahte die Anwendbarkeit des deutschen Arzneimittelpreisrechts auch für den Apothekenabgabepreis verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die im Wege des Versandhandels von einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Versandapotheke im Inland in den Verkehr gebracht werden und verurteilte die Beklagten antragsgemäß auf Unterlassung.

Praxishinweis:
Nach der Entscheidung des BGH steht fest, dass auch EU-Versandapotheken sich an die deutschen Preisbindungsvorschriften (§ 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG; § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV) sowie an das im Heilmittelwerberecht geregelte Verbot von Werbegaben (§ 7 HWG) halten müssen, sofern sie verschreibungspflichtige Arzneimittel im Inland in den Verkehr bringen möchten.

Gleichzeitig können inländische Apotheken, die Werbung für EU-Versandapotheken machen, die die Regelungen des AMG, der AMPreisV und des HWG nicht beachten, unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs (§ 4 Nr. 11 UWG) sowie teilweise auch unter dem einer unangemessenen Kundenbeeinflussung (§ 4 Nr. 1 UWG) auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Dr. Balázs Korom
Rechtsanwalt

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