Wirtschaftliche Informationspflichten eines Arztes

von Lieb Rechtsanwälte

Weiß der behandelnde Arzt, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er nach § 630c Abs. 3 BGB den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Der Information des Patienten bedarf es nach Abs. 4 nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere wenn die Behandlung unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Information ausdrücklich verzichtet hat.

Das Landgericht Osnabrück stellte hierzu mit Urteil vom 31.08.2016 – 2 O 1947/15 – in einem Streit über die Verpflichtung zur Zahlung von Zahnarzthonorar aus zahnärztlicher Behandlung im Wege implantologischer Versorgung fest, dass die voraussichtlichen Kosten der vollständigen Behandlung dem Patienten mitzuteilen sind, wobei ein Kostenvoranschlag zur erstellen ist, in den die bei normalem Verlauf der Dinge kalkulierbaren Kosten einzustellen sind. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Beim Oberlandesgericht Oldenburg ist die Berufung unter dem Aktenzeichen 5 U 159/16 anhängig.

In dem Streitfall beschränkte sich die wirtschaftliche Aufklärung durch den Zahnarzt darauf, dass dieser erklärte, dass ein Implantat etwa € 1.200,00 kosten werde. Dies hielt das Landgericht Osnabrück für nicht ausreichend. Der Zahnarzt sei vor Beginn einer geplanten Behandlung und bei Aufstellung des Heil- und Kostenplanes in der Lage, die von ihm zu erbringenden Leistungen zu überblicken. Er sei dem Patienten gegenüber verpflichtet, das zahnärztliche Honorar, das für seine Leistungen anfallen werde, so genau wie möglich im Vorhinein aufzuschlüsseln. Es gehöre zu den Pflichten der Behandlungsseite einen Patienten vor unnötigen Kosten und unverhältnismäßigen finanziellen Belastungen zu bewahren, soweit sie aus ihrer Expertenstellung heraus über bessere Kenntnisse und ein besseres Wissen verfüge. Bei einem schuldhaften Verstoß gegen diese wirtschaftliche Aufklärung könne dem Patienten ein Schadensersatzanspruch zustehen, den er dem Anspruch des Arztes auf Bezahlung der Behandlungskosten entgegenhalten könne. Zur Wahrung der Informationspflichten aus § 630c Abs. 3 BGB reiche ein allgemeiner Hinweis auf eine fehlende Kostenübernahme durch die Krankenversicherung ebenso wenig aus, wie die sukzessive Information über die Kosten einzelner Behandlungsschritte. Es seien vielmehr die voraussichtlichen Kosten der vollständigen Behandlung mitzuteilen bzw. es sei ein Kostenvoranschlag zu erstellen, in den die bei normalem Verlauf der Dinge kalkulierbaren Kosten einzustellen seien.

Praxishinweis:

Bei fehlender oder unzutreffender wirtschaftlicher Aufklärung kann der Vergütungsanspruch des Arztes zur Gänze entfallen. Bei der Bemessung des Schadens ist auf die Differenz zwischen den tatsächlichen Behandlungskosten und der kostengünstigeren bzw. nicht in Anspruch genommenen Behandlung abzustellen. In dem Streitfall beschränkte sich der Schadensersatzanspruch des Patienten auf jenen Teil des Schadens, der die tatsächlich durch den Zahnarzt mitgeteilten Behandlungskosten in Höhe von etwa € 1.200,00 je Implantat überstieg.

Der Zahnarzt seinerseits schuldet aufgrund der unzureichenden wirtschaftlichen Aufklärung neben den abgerechneten Leistungen auch die endgültige prothetische Versorgung, ohne hierfür ein Honorar zu erhalten.

Angesichts dieser Folgen kann dem Arzt nur geraten werden, sich strikt an die Vorgaben des § 630c Abs. 3 BGB zu halten.

 

Quelle: GesR 106-109/2017

 

 

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