Wie lange darf die Richtgrößenprüfung dauern?
von Lieb Rechtsanwälte
Nach § 106 Abs. 2 SGB V muss im Rahmen der Richtgrößenprüfung die Regressfestsetzung innerhalb von zwei Jahren nach Ende des geprüften Verordnungszeitraums erfolgen. Demnach sind die Richtgrößenregresse für das Jahr 2007 bis zum 31.12.2009 festzusetzten.
Die in § 106 Abs. 2 SGB V geregelte Zweijahresfrist gilt allerdings nicht für Regresse, die vor dem Jahre 2008 festgesetzt wurden und sich noch im Widerspruchs- oder Klageverfahren befinden. Sie unterliegen einer vierjährigen Ausschlussfrist, die das Bundessozialgericht für die Richtgrößenprüfung entwickelt hat. Bereits im Jahre 1993 hatte das Bundessozialgericht aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit gefolgert, dass ein Prüfverfahren nicht endlos dauern darf, sondern eine zeitliche Grenze haben müsse. Der Honorarkürzungsbescheid, der die Wirtschaftlichkeitsprüfung abschließe, müsse dem Arzt spätestens vier Jahre nach der vorläufigen Honorarabrechnung durch die KV zugestellt werden (Bundessozialgericht, Aktenzeichen: 14a/6 RKa 37/91). Später erstreckte das Bundessozialgericht diese Ausschlussfrist auch auf die Richtgrößenprüfung (Aktenzeichen: B 6KA 63/04 R). Die vom Bundessozialgericht entwickelte vierjährige Ausschlussfrist gilt somit unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit heraus.
Nicht abschließend geklärt ist bislang die Frage, wann die Vierjahresfrist zu laufen beginnt. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Aktenzeichen: L 3 KA 39/08 ER) meint, dass die Ausschlussfrist erst mit der Bekanntgabe des Honorarbescheids für das letzte Quartal des geprüften Jahres beginnt. Demgegenüber lässt das Sozialgericht Berlin (Aktenzeichen: S 83 KA 74/07) die Ausschlussfrist mit Ablauf des geprüften Zeitraumes beginnen. Nur so ließe sich, so das Sozialgericht Berlin, die gebotene Rechtssicherheit und –klarheit erreichen. Wenn auf den geprüften Zeitraum abgestellt werde, könnten alle Beteiligten Beginn und Ende der Frist eindeutig bestimmen. Dieser Rechtsauffassung ist der Vorzug zu geben.
Wir verweisen auch auf unseren Beitrag vom 29.05.2008 in med-ius: Wirtschaftlichkeits- und Richtgrößenprüfung.