Weiterhin Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung – Konsequenzen für Vertragspartner?

von Lieb Redaktion

Ein aktueller Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Pandemiebedingt überschuldete Unternehmen müssen bis 31.12.2020 weiterhin keinen Insolvenzantrag stellen – welche Konsequenzen hat das für den Geschäftsverkehr?

Die fälligen Zahlungen bleiben aus – angesichts der Tatsache, dass ein Unternehmer keinen Einblick in die finanzielle Situation seines Vertragspartners hat, kann er nicht absehen, ob die Gegenseite zahlungsunwillig oder zahlungsunfähig ist oder ob eine „bloße Zahlungsstockung“ vorliegt, die nach kurzer Zeit wieder behoben ist und der geschuldete Betrag eben doch noch verspätet eingeht.

In dieser Situation denkt mancher Unternehmer darüber nach, ob sein Vertragspartner möglicherweise insolvent ist und er einen Insolvenzantrag stellen sollte, wohl in der Hoffnung, auf diesem Weg schneller an sein Geld zu kommen.

Gem. § 14 Abs. 1 S. 1 InsO hat ein Gläubiger, der einen Insolvenzantrag stellt, u.a. seine Forderung und insbesondere den Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen. Grundsätzlich sind Eröffnungsgrund bei juristischen Personen sowohl Zahlungsunfähigkeit als auch Überschuldung, §§ 17 Abs. 1, 19 Abs. 1 InsO. Bei einem Eigenantrag ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund, § 18 Abs. 1 InsO. Durch das COVInsAG wurde die Antragspflicht zunächst vollumfänglich bis 30.9.2020 ausgesetzt, soweit die Insolvenzreife auf der Pandemie beruhte und Aussichten bestanden, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Ab 01.10.2020 gilt diese Aussetzung nur noch bei Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit darf nicht vorliegen. Wie soll hier ein Geschäftspartner reagieren, der letztendlich keine Kenntnis hat, weshalb die fällige Zahlung ausbleibt? Die gesetzlich geforderte Glaubhaftmachung wird angesichts der Differenzierung zwischen den Insolvenzgründen erschwert.
Eine fällige Zahlung sollte unter gar keinen Umständen in Verbindung mit der Drohung, einen Insolvenzantrag zu stellen, eingefordert werden. Dies erleichtert die Möglichkeiten eines Insolvenzverwalters, eine Zahlung anzufechten und zurückzufordern, erheblich.

Letztendlich bleibt angesichts dieser Unsicherheit einem Vertragspartner „nur“ die Möglichkeit, dem Lieferstand entsprechende Abschlagszahlungen und Anzahlungen zu fordern oder – sofern man derjenige ist, der die Anzahlungen leisten muss - sich durch entsprechende Sicherheiten Dritter (z.B. Anzahlungsbürgschaften) abzusichern, damit nicht Anzahlungen geleistet werden, denen letztendlich keine Lieferung folgt.

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