Wegfall einer Arztstelle im MVZ bei längerfristiger Nichtbesetzung

von Lieb Rechtsanwälte

Wegfall einer Arztstelle im MVZ bei längerfristiger Nichtbesetzung

1.
Eine Nachbesetzung setzt nach dem Wortsinn voraus, dass die Anstellung des neuen Angestellten sich umfangmäßig im Rahmen der bisherigen Besetzung halten muss, d.h. sie darf deren Umfang nicht überschreiten. Außerdem muss das Tätigkeitsspektrum des neuen Angestellten dem des vorigen im Wesentlichen entsprechen.
 
2.
Eine Nachbesetzung gemäß § 103 Abs. 4a Satz 5 SGB V darf grundsätzlich nicht beliebig hinausgezögert werden. Das Recht auf Nachbesetzung einer Stelle gemäß § 103 Abs. 4a Satz 5 SGB V kann nur für eine begrenzte Frist nach dem Freiwerden der Stelle bestehen. Als Frist, binnen derer die Nachbesetzung noch möglich ist, ist von sechs Monaten auszugehen. Wird die Sechs-Monats-Frist nicht eingehalten, so erlischt das Recht auf Nachbesetzung.
 
3.
Gewahrt ist die Sechs-Monats-Frist, wenn der Antrag auf Nachbesetzung binnen dieser Frist dem Zulassungsausschuss in vollständiger Form zugegangen ist und auch alle materiellen Voraussetzungen erfüllt hat, wobei es sich allerdings um einen echten Antrag handelt, d. h. insbesondere, dass der als Nachfolger benannte Arzt auch ernstlich an der Stelle interessiert sein muss.
 
4.
Dem Zulassungsausschuss ist die Befugnis einzuräumen, die Frist in besonderen Fällen des Misslingens rechtzeitiger Nachbesetzbarkeit trotz erkennbar ernstlichen Bemühens nochmals um höchstens weitere sechs Monate zu verlängern.
 
BSG, Urteil vom 19.10.2011 – B 6 KA 23/11 R – in ZMGR 46/2012 (Leitsätze: Red.)

Praxishinweis:

Die Nachbesetzung einer in einem MVZ freigewordenen Arztstelle regelt sich nach § 95 Abs. 2 Satz 8 i. V. m. Satz 5 SGB V. Eine Nachbesetzung ist auch möglich, wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Damit wird der fachübergreifende Charakter eines MVZ gesichert. In diesem Zusammenhang stellt das Bundessozialgericht fest, dass für den fachübergreifenden Charakter nur eine halbe Arztstelle für jedes Fachgebiet verlangt wird. Damit ist die verschiedentlich von Kassenärztlichen Vereinigungen aufgestellte Forderung, es müsse mindestens ein voller Versorgungsauftrag pro Fachgebiet in einem MVZ vorliegen, obsolet.

Das Bundessozialgericht hat die Rechtsprechung zu § 103 Abs. 4 SGB V nicht herangezogen, wonach ein Praxissitz sich nur solange für eine Praxisnachfolge eignet, wie noch ein Praxissubstrat vorhanden ist. Der Grund erklärt sich daraus, dass eine Nachbesetzung mit dem vorherigen Praxisbetrieb nicht so eng verknüpft ist, wie dies bei einer Praxisfortführung der Fall ist. Zudem spricht der Gesetzgeber in § 95 SGB V nicht von der Fortführung, sondern von der Nachbesetzung.

Diese BSG-Entscheidung haben wir auch in unserem Artikel vom 14.11.2011 behandelt. Sehen Sie dort

MVZ: Keine Vorratshaltung freier Arztsitze möglich – 6-Monats-Nachbesetzungsfrist

 

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