Was passiert eigentlich mit unseren Daten? - Abmahnung des Bundeskartellamtes gegen Googles Konditionen zur Datenverarbeitung

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Natalie Freiin von Beust

Am 23. Dezember 2022 hat das Bundeskartellamt Google Germany, Google Ireland und dem US-Mutterkonzern Alphabet seine vorläufige Einschätzung und Abmahnung in dem Verfahren wegen Googles Konditionen zur Datenverarbeitung übersandt und geht davon aus, dass die neuen Vorschriften für Digitalkonzerne, namentlich § 19a GWB, einschlägig sind und Google daher seine Datenverarbeitungskonditionen und die darauf gestützte Praxis anpassen muss.

Laut dem Präsidenten des Bundeskartellamts baut das Geschäftsmodell von Google grundlegen auf der Verarbeitung von Nutzerdaten auf – Google habe aufgrund des etablierten Zugangs zu relevanten Daten aus einer sehr großen Anzahl an verschiedenen Diensten einen strategischen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen. Google müsse sich daher an den Anforderungen der neuen Wettbewerbsvorschriften für Digitalkonzerne messen lassen und müsse den Nutzer:innen ausreichende Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Datenverarbeitung einräumen.

Google kann aufgrund seiner bisherigen Nutzungskonditionen eine Vielzahl von Daten aus unterschiedlichen Diensten kombinieren und damit sehr detaillierte Profile über Verbraucher:innen anlegen, die später von Google, beispielsweise für Werbung, genutzt werden können. Nach den aktuellen Konditionen darf Google Daten mithilfe eigener Dienste (zB. Google Search, YouTube, Google Play, Google Maps, Google Assistant etc.) aber auch mithilfe von Webseiten und Apps Dritter, für verschiedenste Zwecke erheben und dienstübergreifend verknüpfen. Dieses Recht betrifft auch Daten aus sog. Hintergrunddiensten, wie beispielsweise Google Play Services, die kontinuierlich Daten von Android-Geräten erheben.

Das Bundeskartellamt hat nun festgestellt, dass Nutzer:innen aktuell kein ausreichendes Mitspracherecht dazu haben, ob und inwieweit sie mit der eben beschriebenen, sehr weitreichenden dienstübergreifenden Datenverarbeitung einverstanden sind. Sofern Google überhaupt Wahlmöglichkeiten zur Datenverarbeitung anbietet, seien diese zu intransparent und pauschal. Dabei müssten Nutzer:innen nach der neuen Regelung des § 19a GWB die Verarbeitung ihrer Daten auf den jeweils genutzten Dienst beschränken und zudem nach den Zwecken der Datenverarbeitung differenzieren können. Angebotene Wahlmöglichkeiten zur Datenverarbeitung dürfen nicht derart gestaltet sein, dass sie es Nutzer:innern erleichtern, die Zustimmung zur dienstübergreifenden Datenverarbeitung zu erteilen anstatt sie nicht zu erteilen. Grundsätzlich unzulässig ist zudem eine „anlasslos und präventiv erfolgende flächendeckende dienstübergreifende Vorratsdatenverarbeitung“, die ohne jeglichen Einfluss der Nutzer:innen erfolgt, selbst wenn diese Sicherheitszwecken dienen soll.

Das Bundeskartellamt plant wohl, Google zur Neugestaltung der Wahlmöglichkeiten der Datenverarbeitung von Nutzer:innen zu verpflichten. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass im Dezember 2021 durch das Bundeskartellamt bereits festgestellt wurde, dass Google im Sinne des § 19a GWB eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb hat und daher bestimmte wettbewerbsgefährdende Praktiken dieses Unternehmens untersagt werden dürfen.

Umstritten in dem aktuellen Verfahren ist die Zuständigkeit des Bundeskartellamts selbst. Zwar stützt sich das Bundeskartellamt in dem Verfahren auf das deutsche Wettbewerbsrecht, für bestimmte Dienste von Google wird allerdings auch der europäische Digital Markets Act anzuwenden sein, für dessen Durchsetzung ausschließlich die Europäische Kommission zuständig ist. Dabei ist der Regelungsumfang des § 19a GWB teilweise weiter als der des Digital Marktes Act, weshalb abzuwarten bleibt, wie die Zuständigkeitsfrage in dem vorliegenden Verfahren entschieden wird.

Eine abschließende Entscheidung in der Sache, insbesondere ob Google sich zur Anpassung seiner Konditionen verpflichtet oder es zu einer generellen Untersagung durch das Bundeskartellamt kommt, wird für das Jahr 2023 erwartet.

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