Wahlleistungsvereinbarung: Entfallende Einwilligung des Patienten bei Verstoß gegen eine Wahlleistungsvereinbarung

von Lieb Rechtsanwälte

Wahlleistungsvereinbarung: Entfallende Einwilligung des Patienten bei Verstoß gegen eine Wahlleistungsvereinbarung

Fall:

In dem vom Oberlandesgericht Braunschweig mit Urteil vom 25.09.2013 ‑ Aktenzeichen: 1 U 24/12 – entschiedenen Fall hatte der Patient mit dem Chefarzt einer Klinik eine Wahlleistungsvereinbarung geschlossen. Nach dieser sollte die Operation primär durch den selbst liquidationsberechtigten Chefarzt erfolgen. Für den Fall der unvorhergesehenen Verhinderung des Wahlarztes erklärte sich der Patient mit der Leistungserbringung durch den in der Vereinbarung konkret genannten ständigen ärztlichen Vertreter einverstanden. Die Operation wurde sodann durch den Vertreter durchgeführt, obschon weder ein unvorhergesehener Verhinderungsfall vorgelegen hatte noch der Patient zusätzlich in die Behandlung durch den Vertreter bei fehlendem Verhinderungsfall eingewilligt hatte.

Entscheidung:

Das Oberlandesgericht bejahte eine Verletzung des Behandlungsvertrages durch den Chefarzt und das Krankenhaus. Die Einwilligungserklärung des Patienten habe sich auf die Durchführung der Operation durch den Wahlarzt beschränkt. Werde der Eingriff aber durch einen, selbst vorher namentlich genannten Vertreter des Chefarztes durchgeführt, so sei dieser mangels Einwilligungserklärung gleichwohl rechtswidrig, wenn nicht der Patient zuvor von der – tatsächlich bestehenden und von der Behandlungsseite nachzuweisenden – unvorhergesehenen Verhinderung des Chefarztes informiert worden sei. Chefarzt und Klinik könnten sich auch nicht zur Rechtfertigung auf eine hypothetische Einwilligung des Patienten berufen.

Hinweis:

Folgt man der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Braunschweig, so führt mangels wirksamer Einwilligung des Patienten in den Eingriff durch den Wahlarzt selbst ein lege artis vorgenommener Eingriff zum haftungsbegründenden Schadensfall. Auch die Annahme einer strafbaren Körperverletzung ist dann nicht ausgeschlossen.

Eine höchstrichterliche Klärung dieser weit verbreiteten Problematik liegt noch nicht vor.

Quelle: AMK 2014/1

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