Wahlleistungsvereinbarung auf dem Prüfstand, BGH-Urteil liegt nun vor!

von Lieb Rechtsanwälte

Am 10.12.2007 berichteten wir, dass der BGH am 15.11.2007 den Fall einer Vertretervereinbarung für Fälle einer vorhersehbaren Verhinderung verhandelt hat (Lieb aktuell vom 10.12.2007). Das hierauf ergangene Urteil vom 20.12.2007, Az.: III ZR 144/07, liegt nunmehr vor.

Der Bundesgerichtshof bejahte in dem zugrunde liegenden Fall die Voraussetzungen für eine Individualabrede betreffend die Wahlleistungsvereinbarung für den Fall einer vorhersehbaren Verhinderung des Wahlarztes. Gleichzeitig bestätigte er, dass eine wirksame Vertretervereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also etwa in dem Vordruck mit der Wahlleistungsvereinbarung, nur für die Fälle einer unvorhersehbaren Verhinderung des Wahlarztes getroffen werden können, mithin Fälle einer vorhersehbaren Verhinderung des Wahlarztes, z. B. infolge Urlaubs, im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht wirksam getroffen werden können.

Der BGH hat in seiner Entscheidung betont, dass der Wahlarzt entsprechend dem in § 613 BGB bestimmten Grundsatz die seine Disziplin prägende Kernleistung grundsätzlich persönlich und eigenhändig erbringen muss. Denn der Patient schließe die Wahlleistungsvereinbarung im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes, die er sich in Sorge um seine Gesundheit gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern will. Insbesondere müsse der als Wahlarzt verpflichtete Chirurg die geschuldete Operation grundsätzlich selbst durchführen.

Aus diesem Grund kann, so der BGH in der zitierten Entscheidung, eine wirksame Vertretervereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also etwa in dem Vordruck mit der Wahlleistungsvereinbarung, nur für die Fälle einer unvorhersehbaren Verhinderung des Wahlarztes getroffen werden. Überdies dürfe darin als Vertreter nur der ständige ärztliche Vertreter im Sinne der Gebührenordnung für Ärzte bestimmt sein.

Darüber hinaus könne der Wahlarzt nur im Wege einer Individualabrede mit dem Patienten die Ausführung seiner Leistung auf seinen Vertreter übertragen und zugleich vereinbaren, dass er gleichwohl seinen Honoraranspruch behält. Da sich der Patient oftmals – wie auch im entschiedenen Fall – in der bedrängenden Situation einer schweren Sorge um seine Gesundheit oder gar sein Überleben befinde und er daher zu einer ruhigen und sorgfältigen Abwägung vielfach nicht in der Lage sein wird, bestehen ihm gegenüber aber vor Abschluss einer solchen Vereinbarung besondere Aufklärungspflichten. Danach sei der Patient so früh wie möglich über eine vorhersehbare Verhinderung des Wahlarztes zu unterrichten und ihm das Angebot zu unterbreiten, dass an dessen Stelle ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen die wahlärztlichen Leistungen erbringt. Weiter sei der Patient über die alternative Option zu unterrichten, auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen. Sei die jeweilige Maßnahme bis zum Ende der Verhinderung des Wahlarztes verschiebbar, so ist dem Patienten auch dies zur Wahl zu stellen.

Praxistipp:

Es ist streng darauf zu achten, dass die Voraussetzungen für eine Individualabrede erfüllt und auch dokumentiert werden. Mit der Unterzeichnung eines vorgegebenen Textes durch den Patienten ist es nicht getan. Wir verweisen auf die Hinweise in unserem Artikel Chefarztvertrag: Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, Ausnahmen, dort Ziff. IV 2.

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