Vertrauensschutz bei Sanierungskonzept

von Lieb Rechtsanwälte

Der BGH hat mit Urteil vom 23.06.2022 (IX ZR 75/21) entschieden, dass ein Zahlungsempfänger, der im Vorfeld einer Insolvenz Zahlungen des Schuldners erhält und von einem Sanierungskonzept Kenntnis hat, grundsätzlich auf schlüssige Angaben des Schuldners oder des von ihm beauftragten Sanierungsberaters zum Sanierungskonzept vertrauen darf. Er soll nicht verpflichtet sein, die laufende Umsetzung des Konzepts zu überprüfen. Nach der Entscheidung soll der Vertrauensschutz nur entfallen, wenn er erhebliche Anhaltspunkte hat, dass er getäuscht werden soll, das Sanierungskonzept keine Aussicht auf Erfolg hat oder gescheitert ist.

Ein Insolvenzverwalter nahm einen Berater im Wege der Insolvenzanfechtung auf Rückzahlung von drei Zahlungen auf Vergütungsansprüche für die Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen und Lage- und Konzernberichten für den Zeitraum Februar bis Mai 2014 nach § 133 Abs. 1 InsO (vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung) in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung war nur in geringem Umfang erfolgreich. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

Für ihre Leistungen hatte die Anfechtungsgegnerin von der Schuldnerin im Februar, März und Mai 2014 die vom Insolvenzverwalter angefochtenen Zahlungen erhalten. Zum Zeitpunkt des Erhalts der Zahlungen stand fest, dass Maßnahmen eines Sanierungskonzeptes, das nicht die Anfechtungsgegnerin erstellt hatte, noch nicht umgesetzt worden waren. Die beklagte Anfechtungsgegnerin hatte in ihrer Eigenschaft als Beraterin im Januar 2014 selbst darauf hingewiesen, dass der Fortbestand der späteren Schuldnerin ohne weitere Maßnahmen gefährdet sei und das Konzept noch nicht vollständig umgesetzt worden war.

Der BGH führt aus, dass es bei Erhalt von Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzeptes genüge, wenn der Anfechtungsgegner zur Widerlegung der Vermutung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners konkrete Umstände darlegt und beweist, die es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm der Gläubigerbenachteiligung Vorsatz im Hinblick auf den Sanierungsversuch unbekannt geblieben ist. Der BGH stellt allerdings klar, dass eine bloße Sanierungshoffnung nicht genügt. Es müsse der Erfolg aber nicht sicher sein.

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