Vertragsarztzulassung als solche abschreibungsfähig?

von Lieb Rechtsanwälte

Eine Vertragsarztzulassung kann ein selbstständiges, immaterielles Wirtschaftsgut darstellen, das keiner Abnutzung unterliegt und deshalb nicht abschreibungsfähig ist. Dies hat das FG Bremen mit Urteil vom 24.08.2016 – 1 K 67/16 (6) – entschieden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 24/16 anhängig.

In dem Streitfall verband sich eine Gemeinschaftspraxis mit weiteren Praxen, wobei die Gemeinschaftspraxis nicht den Praxiswert dieser Praxen erwarb, sondern ausschließlich jeweils die als selbstständiges Wirtschaftsgut zu beurteilenden Vertragsarztzulassungen der Inhaber der zu übernehmenden Praxen. Im Rahmen ihrer Gewinnermittlung aktivierte die Gemeinschaftspraxis die im Hinblick auf die Übertragung der Zulassungen geleisteten Zahlungen als Praxiswert und schrieb diesen über eine Nutzungsdauer von drei Jahren ab. Das Finanzamt kam im Zuge der Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass der Erwerb der Vertragsarztzulassungen keinen Praxiswert darstellte. Es handle sich bei den Vertragsarztzulassungen um Einzelwirtschaftsgüter, die keinem Wertverzehr unterlägen.

Das Finanzgericht Bremen bestätigte diese Auffassung. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG unterliegen, so das Finanzgericht, nur die Wirtschaftsgüter der Absetzung für Abnutzung (AfA), die abnutzbar sind. Immaterielle Wirtschaftsgüter sind dann abnutzbar, wenn ihre Nutzung unter rechtlichen oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten zeitlich begrenzt ist. Auch bei der vorliegenden zeitlichen Begrenzung kann in besonderen Fällen von einer unbegrenzten Nutzungsdauer ausgegangen werden, wenn diese Rechte normalerweise ohne weiteres verlängert werden und dementsprechend ein Ende nicht abzusehen ist. Die Nutzung der genannten Wirtschaftsgüter (Vertragsarztzulassungen) durch die Gemeinschaftspraxis und die eintretenden Ärzte ist im Streitfall nicht zeitlich begrenzt. Gemäß § 95 Abs. 7 Satz 1 SGB V endet die Zulassung eines Kassenarztes mit dem Tod bzw. mit dem Wirksamwerden eines Verzichts oder dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Im Gegensatz zum Praxiswert einer ärztlichen Praxis verflüchtigt sich der Vorteil aus einer Vertragsarztzulassung nicht im Laufe der auf den Erwerb der Praxis folgenden Jahre.

Praxishinweis:

Der vorliegende Fall zeigt, dass der Erwerb eines Vertragsarztsitzes steuerrechtliche Probleme aufwirft. Er ist aber auch durchaus gestaltbar.

Wird die Vertragsarztzulassung nicht als selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut, sondern als Teil des Geschäfts der Praxis erworben, können die Aufwendungen für den Erwerb als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Wesentlich für die Abschreibungsfähigkeit ist, dass die gesamte ärztliche Praxis des Veräußerers und nicht lediglich seine Vertragsarztzulassung erworben werden.

Folgt man der Auffassung des Finanzgerichts Bremen, so ist eine Vertragsarztzulassung als immaterielles Wirtschaftsgut auch in den Fällen nicht abschreibungsfähig, in denen ein Arzt seinen Vertragsarztsitz in eine bereits bestehende ärztliche Praxis verlegt und sich vertraglich im Rahmen der sich anschließenden Vertragsarztsitzausschreibung ausbedingt, einen finanziellen Vorteil aus seiner Vertragsarztzulassung zu ziehen. Das Finanzgericht Nürnberg ist hingegen in seinem Urteil vom 23.09.2014 – 1 K 1894/12 – der Auffassung, dass die sich aus der aus §§ 95 Abs. 6 und Abs. 7, 103 Abs. 4 SGB V ergebenden Nichtübertragbarkeit für einen Wertverzehr und damit eine Abnutzbarkeit des Wirtschaftsgutes Vertragsarztzulassung spreche.

Quelle: GesR 192-197/2017

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