Vertragsarztrecht: Anerkennung einer Berufsausübungsgemeinschaft als Aufbaupraxis

von Lieb Rechtsanwälte

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen in der Aufbauphase die Möglichkeit haben, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Dem Vertragsarzt muss – wegen seines Rechts auf berufliche Entfaltung unter Berücksichtigung der sog. Honorarverteilungsgerechtigkeit – die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen, um so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Daher ist in allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen, durch Umsatzsteigerung jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufzuschließen und damit ihre Praxis zu einer mit typischen Umsätzen auszubauen. Dies hat das Bundessozialgericht in zeitlicher Hinsicht dahingehend konkretisiert, dass Praxen in der Aufbauphase – die auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bemessen werden kann – die Steigerung ihres Honorars auf den Durchschnittsumsatz sofort möglich sein muss, während dies anderen, noch nach der Aufbauphase unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen jedenfalls innerhalb von fünf Jahren ermöglicht werden muss (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17.07.2013 – B 6 KA 44/12 R). Die Bemessung des Zeitraums der Aufbauphase erfolgt im HVV durch dessen Vertragspartner bzw. in der Satzung über die Honorarverteilung durch die KÄV.

In dem vorstehend angesprochenen Urteil hatte sich das Bundessozialgericht mit der Frage zu befassen, ob eine Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Eintritt eines erst kurze Zeit tätigen Arztes als Aufbaupraxis anzusehen ist, des Weiteren mit der Frage, ob durch eine Standortverlegung eine Praxis zu einer Aufbaupraxis wird. Das Bundessozialgericht hat beides verneint. Der Leitsatz der Entscheidung lautet:

               Eine Berufsausübungsgemeinschaft, die als solche schon längere Zeit an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, wird weder durch den Eintritt eines erst kurze Zeit vertragsärztlich tätigen Arztes noch durch eine Standortverlegung zu einer Aufbaupraxis im Sinne des Honorarverteilungsrechts.

(Quelle: ZMGR 114/2014)

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