Update: Keine Insolvenz wegen Corona...

von Jörg Steinheimer | Lieb.Rechtsanwälte

Ein aktueller Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

... und weitere Erleichterungen auch für Gesellschafter und Geschäftsführer – Einschränkung der Anfechtbarkeit und Sicherheit für Finanzierungshilfen und Gesellschafterdarlehen

Der am 16.03.2020 veröffentlichte Entwurf des Gesetzes zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVInsAG) wurde am gestrigen 25.03.2020 im Bundestag beschlossen. Mit dem Gesetz soll die Handlungsfähigkeit von Unternehmen und Vereinen in der Corona-Pandemie gewährleistet bleiben.

Wir skizzieren an dieser Stelle die wesentlichen Änderungen:

1.

Die haftungs- und strafbewehrte Insolvenzantragspflicht wird bis 30.09.2020 und rückwirkend seit 01.03.2020 ausgesetzt. Eine Verlängerung bis 31.03.2021 im Verordnungsweg ist möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass die Insolvenzreife (Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) tatsächlich auf der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus beruht und Aussichten bestehen, die eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Es gilt folgendes:

Wenn ein Schuldner (bzw. ein schuldnerisches Unternehmen) am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig war, so wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Mit der Regelung soll den betroffenen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet werden ein Insolvenzverfahren abzuwenden, auch unter Inanspruchnahme der staatlichen Hilfen. Zudem können auch Sanierungs- und Finanzierungsvereinbarungen getroffen werden.

2.

Die Haftungsrisiken im Hinblick auf Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife für Geschäftsleiter werden eingeschränkt:


Solange die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt ist (also die Insolvenz auf Corona beruht und Aussichten bestehen, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen), soll für im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgte Zahlungen gelten, dass diese mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind.

Vor allem gemeint sind hier Zahlungen, die die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes dienen. Diese Regelung gilt sowohl für Gesellschaften mit beschränkter Haftung als auch für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften ohne natürliche Person als natürlich haftendem Gesellschafter, also insbesondere die Rechtsform der GmbH & Co.KG. Auch für Genossenschaften ist die Neuregelung anwendbar.

3.

Die Gewährung von neuen Krediten und Besicherungen an betroffene Unternehmen stellt im Zeitraum der Aussetzung der Antragspflicht keinen sittenwidrigen Beitrag zur Insolvenzverschleppung dar.


Ferner stellt die bis zum 30.09.2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die Besicherung keine gläubigerbenachteiligende Handlung dar und ist somit nicht anfechtbar. Hiermit korrespondierend stellen auch die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Zahlungen auf Forderungen, die solchen wirtschaftlich entsprechen, keine gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlungen dar. Zu beachten ist, dass diese Regelung allerdings für die Besicherung von Gesellschafterdarlehen und diesen wirtschaftlich entsprechenden Forderungen nicht gilt. Auch sollen neu gewährte Gesellschafterdarlehen – entgegen der an sich geltenden gesetzlichen Regelung – nicht nachrangig sein.

4.

Ergänzend wurden zudem die in §§ 129 ff. InsO vorgesehenen Regelungen zur Anfechtung von Rechtshandlungen eingeschränkt; dies betrifft Leistungen an Vertragspartner. Das gilt allerdings nicht, wenn der andere Teil, also der Anfechtungsgegner wusste, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet sind.

5.

Zudem wird der Eröffnungsgrund bei Gläubigeranträgen modifiziert. Hier setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits am 01.03.2020 vorlag.

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