Tabellenfeststellungsklage erfordert Identität zwischen der angemeldeten Insolvenzforderung und dem Streitgegenstand des Feststellungsprozesses

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Nach einer Entscheidung des LG Bonn (Urteil vom 2.12.2021 – 18 O 265/20) ist eine Tabellenfeststellungsklage nach § 181 InsO unzulässig, wenn die Verteidigung gegen die im Feststellungsprozess geltend gemachte Forderung sich wesentlich von der Verteidigung gegen die zur Tabelle angemeldeten Forderung unterscheidet.

Die Klägerin des Rechtsstreits meldete im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin (A-GmbH) eine Forderung in Höhe von 20 Millionen € zuzüglich Zinsen in Höhe von 935.668 90,61 € zur Tabelle an.

Als Rechtsgrund der Anmeldung wurde angegeben:
„Darlehen der I-GmbH an die A-GmbH gemäß Shareholder Agreement (APA) vom 7./8.8.2017, Settlement & Release Agreement vom 16.8.2017“. Die A-GmbH hatte seinerzeit einen Großteil der Vermögenswerte einer insolventen B-AG übernommen, um den Geschäftsbetrieb weiterzuführen.

Im Rahmen des Abschluss des oben genannten APA seien wesentliche Teile des Geschäftsbetriebs der B-AG in Deutschland an die Schuldnerin A-GmbH verkauft worden. Diese habe sich verpflichtet, Verbindlichkeiten der B-AG und Sicherungsrechte der Gläubiger der B-AG abzulösen.

Die Klägerin hat nach ihrem Sachvortrag von Restrukturierungsdarlehen an die B-AG in Form von Schuldscheinen Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von ursprünglich über 59 Millionen € zuzüglich Zinsen erworben

Im Rahmen der Umsetzung dieser Verpflichtung habe die Insolvenzschuldnerin die Klägerin angewiesen, auf einen Teil der Forderungen gegen die B-AG zu verzichten. Hierdurch sei es zu einer Überleitung der Forderung in Höhe von 20 Millionen € auf die Insolvenzschuldnerin A-GmbH als neuer Schuldnerin gekommen.

Zusätzlich habe die jetzige Schuldnerin A-GmbH mit der Klägerin eine zusätzliche Vereinbarung („Deferral of Claims Agreements“) abgeschlossen, in der die Schuldnerstellung der Insolvenzschuldnerin A-GmbH gegenüber der Klägerin in Höhe von 20 Millionen € ausdrücklich festgehalten worden sei.

Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH hat die Forderung endgültig bestritten, sodass die Klägerin Klage auf Feststellung zur Insolvenztabelle erhob.

Im Feststellungsprozess hat die Klägerin ergänzend vorgetragen dass sich der Anspruch gegen die Schuldnerin in Höhe von 20 Millionen € des Weiteren aus der Zusatzvereinbarung („Deferral of Claims Agreements“) ergebe, aufgrund derer ein abstraktes Schuldanerkenntnis zwischen ihr und der Insolvenzschuldnerin vereinbart worden sei.

Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen, § 181 InsO. Danach kann die gerichtliche Feststellung einer Forderung zur Tabelle nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung zur Tabelle oder im Prüfungstermin bezeichnet worden ist. Die Identität zwischen der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung und der zum Streitgegenstand des Feststellungsprozesses gemachten Forderung stelle eine besondere Sachurteilsvoraussetzung dar, bei deren Fehlen die Klage als unzulässig abzuweisen sei.

Die ungenaue Bezeichnung des Schuldgrundes in der Forderungsanmeldung sei dann schädlich und führe zur Unzulässigkeit der Klage, wenn die den Streitgegenstand des Feststellungsprozesses darstellende Forderung rechtlich wesentlich anders zu beurteilen sei als die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung und wenn hierdurch die Möglichkeit für die anderen Insolvenzgläubiger beschränkt worden sei, den eigentlichen und wahren Schuldgrund zu prüfen. Eine Unzulässigkeit einer Klage sei dann anzunehmen, wenn der in dem Feststellungsprozess geltend gemachten Forderung eine wesentlich andere Verteidigung entgegengesetzt werden müsse als der zur Tabelle angemeldeten Forderung.

Danach fehle es im hier zu entscheidenden Fall an der notwendigen Identität der Forderungen. Zur Insolvenztabelle angemeldet wurde eine Forderung unter der Bezeichnung „Darlehen der I-GmbH an die A-GmbH gemäß Shareholder Agreement (API A) vom 7./8.8.2017, Settlement & Release Agreement vom 16.8.2017“.

Eine Darlehensgewährung unmittelbar durch die Klägerin an die Schuldnerin habe es unstreitig nicht gegeben. Die im Rahmen des Feststellungsprozesses streitgegenständliche Forderung der Klägerin gegen die Insolvenzschuldnerin A-GmbH sei durch den Verzicht der Klägerin auf einen Teil ihrer Forderungen gegen die B-AG entstanden. Alleine damit sei es aber nicht zum Übergang der Darlehensschuld der B-AG gegenüber der Klägerin auf die Insolvenzschuldnerin A-GmbH gekommen. Eine Schuldübernahme sei nicht erfolgt.

In Betracht käme lediglich die Annahme eines abstrakten Schuldanerkenntnis gemäß § 780 BGB. Ob ein solches vorliege, könne in diesem Fall jedoch offenbleiben, da eine Identität zwischen der zur Insolvenztabelle angemeldeten und der gerichtlich im Feststellungsprozess geltend gemachten Forderung fehle. Die Darlehensrückzahlungsforderung und die Forderung aus einem abstrakten Schuldanerkenntnis seien sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht nicht identisch und auch nicht miteinander vergleichbar.

Zurück