Strafbarkeitsrisiken bei der strafprozessualen Verständigung seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.03.2013
von Lieb Rechtsanwälte
RA u.FafStrafR Jörg Steinheimer beleuchtet zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und befasst sich mit den Strafbarkeitsrisiken der Beteiligten an einem rechtswidrigen Deal.
Bei einer Verständigung kann das Risiko eines möglichen Interessengleichlaufs von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zum Nachteil des Angeklagten nicht so einfach vom Tisch gewischt werden kann. Diesem Risiko kann nur damit begegnet werden, dass die durch das Verständigungsgesetz eingefügten Normen, ein „Mindestprogramm“ zum Schutz der Rechte des Angeklagten, beachtet werden.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.03.2013 war „last call“ zu rechtstreuem Verhalten, d.h. sich bei der Verständigung an die Vorgaben des Gesetzgebers zu halten. Meines Erachtens setzt das Urteil damit auch für die strafrechtliche Beurteilung eine Zäsur: ab jetzt ist die strafrechtliche Relevanz des rechtswidrigen Deals nicht nur „dogmatisch eindeutiger“ als die sorglosen Stimmen meinten, sondern mit Händen greifbar. Bislang mag gegolten haben: wo kein (An-)Kläger, da kein Richter. Wir sollten uns aber nicht darauf verlassen, dass dies weiterhin so bleibt. Dabei ist es nicht nur die Justiz, die für klassische Deals nach wie vor anfällig ist. Auch wir Verteidiger müssen uns bei Verständigungen kritisch befragen, was denn die Gründe für die Verständigung sind, und ob unser Vorgehen und der Inhalt der geplanten Verständigung mit den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts konform gehen.
Wegen der auf der Hand liegenden Strafbarkeitsrisiken sollten wir das schon im Interesse des Eigenschutzes tun. Dem Ansinnen eines rechtswidrigen „Deals“ sollten wir uns entschieden widersetzen – im Zweifel mit dem Mittel der Ablehnung (§ 24 StPO).