Sind Notarverträge AGB
von Lieb Rechtsanwälte
Ein Beitrag von RA Dr. Klaus Lieb
Sie kaufen eine Bestandsimmobilie. Der mit der Beurkundung beauftragte Notar verwendet entsprechend seinem Vertragsmuster den gängigen Gewährleistungsausschluss für Baumängel. Der Verkäufer als Privatmann versichert, dass ihm keine versteckten Mängel oder Schäden bekannt sind. Nach dem Kauf reklamieren Sie einen Mangel, im nachfolgenden Fall asbesthaltige Mansardendacheideckung, und verlangen Schadensersatz. Der Verkäufer beruft sich auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss. Sie halten diesen für unwirksam, da es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handle, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalten. Mit Erfolg?
Mit einem solchen Fall war das OLG Hamm befasst. In seinem Beschluss vom 04.07.2024 – 22 U 26/24- stellte der Senat fest:
„Von Notaren widerholt verwendete, nicht von einer Vertragspartei vorgegebene Vertragsklauseln in notariellen Kaufverträgen über mit Bestandsimmobilien bebaute Grundstücke stellen regelmäßig keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, weil keine Vertragspartei diese Vertragsbedingungen gem. § 305 Abs.1 Satz 1 BGB gestellt hat.“
In dem konkreten Fall liegt die „Mehrverwendungsabsicht“ nach § 305 BGB vor. Dabei genügt es schon, wenn ein Dritter, hier der Notar, die Klausel mehrfach verwendet oder verwenden will. Jedoch fehlt es an der 2. Voraussetzung, dem “Stellen“. Die Einbeziehung des Gewährleistungsausschlusses wurde in dem konkreten Fall weder von dem Verkäufer noch von dem Käufer verlangt. Der Verschlag des Notars ist unbeachtlich. Eine Inhaltskontrolle findet somit nicht statt. Die Klage hatte somit keinen Erfolg.
Praxishinweis
Anders verhält es sich, wenn eine Vertragspartei sich die Verwendung durch den Notar zurechnen lassen muss. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Notar für einen Immobilienkaufmann den Vertrag entwirft und dieser Vertragstext auch mit weiteren Erwerbern vereinbart werden soll. Gleiches gilt bei Bauträgerverträgen. In diesen Fällen steht der Notar, obschon zur Neutralität verpflichtet, eher im Lager des Immobilienverkäufers/Bauträgers. Bei Verbraucherverträgen (Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher) ist zudem § 310 abs. 3 BGB zu beachten. Danach gelten AGB als vom Unternehmer gestellt, es sei denn der Verbraucher hat sie eingeführt.
Vor der widerspruchslosen Hinnahme einer Vertragsklausel sollten die Voraussetzungen „Mehrverwendungszweck“ und „Stellen“ geprüft werden. Für den Verbraucher ist Vorsicht bei der Einführung eigener Regelungen in den gestellten Vertrag angezeigt.
Quelle IBR 2024/2607