Sexuelle Belästigung auf Betriebsfeier rechtfertigt außerordentliche Kündigung – ArbG Siegburg konkretisiert Anforderungen des § 626 BGB
von Lieb Rechtsanwälte
Ein Beitrag von RAin Saskia Koçak
Das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg hat mit Urteil vom 24.07.2024 (Az. 3 Ca 387/24) entschieden, dass das Verhalten eines Arbeitnehmers, der einer Kollegin auf den Po schlägt und sie gegen ihren erkennbaren Willen festhält, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Der Vorfall, der sich auf einer Betriebsfeier ereignet hatte, konnte vom Gericht als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB bewertet werden, da das Verhalten des Arbeitnehmers eine gravierende Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten darstellt und die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar macht.
Das Bundesarbeitsgericht hatte sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz 2014 per se noch nicht als einen außerordentlichen Kündigungsgrund gewertet (sog. „Busengrapscher-Fall, Urteil vom 20.11.2014, Az. 2 AZR 651/13: keine Kündigung nur Abmahnung). Nach der #metoo Bewegung wohl kein haltbares Urteil mehr, so dass die Instanzgerichte hier mittlerweile strenger urteilen.
Der Fall:
Der Kläger, ein Außendienstmitarbeiter, war seit einem Jahr bei seinem Arbeitgeber beschäftigt und war bereits wegen ungebührlichen Verhaltens und Alkoholkonsums abgemahnt worden. Auf einer Betriebsfeier schlug er einer Kollegin auf das Gesäß und zog sie an sich, nachdem sie sich gegen sein Verhalten wehrte. Dabei forderte er sie auf, sein Verhalten als Kompliment aufzufassen.
Der Arbeitgeber sah darin einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die persönliche Integrität der Kollegin und kündigte dem Mitarbeiter daraufhin fristlos. Gegen diese Kündigung erhob der Mitarbeiter eine Kündigungsschutzklage.
Das Gericht stellte nach der Vernehmung der betroffenen Kollegin fest, dass das Verhalten des Klägers die Kriterien einer sexuellen Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) erfüllt. Die Äußerung des Klägers, sein Verhalten als Kompliment aufzufassen, verdeutliche zudem eine sexuell bestimmte Motivation, was die Belästigung noch schwerwiegender erscheinen ließe. Die Entscheidung des ArbG Siegburg ist noch nicht rechtskräftig; der Kläger kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln einlegen.
Das Urteil verdeutlicht, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, auch wenn sie auf Betriebsfeiern in lockerer Atmosphäre stattfindet, eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Arbeitgeber sind daher angehalten, Verstöße gegen den Schutz der persönlichen Integrität ihrer Beschäftigten konsequent zu ahnden, um ihrer Schutzpflicht nach dem AGG nachzukommen.