Schmerzensgeld nach tödlicher Abtreibung

von Lieb Rechtsanwälte

Anästhesist nach tödlich verlaufener Abtreibung zur Zahlung von 30 000 Euro Schmerzensgeld verurteilt

Ein Anästhesist hatte während einer Abtreibung so schwerwiegende Fehler gemacht, dass es zu einem Herzstillstand gekommen war. Die Patientin konnte zwar noch einmal wiederbelebt werden, verstarb aber zehn Tage nach der Operation an den schwerwiegenden Folgen. Das Bochumer Landgericht stellte ein gravierendes Fehlverhalten des Anästhesisten fest, das am Ende zum Tod der Frau geführt habe (Urteil vom 27.01.2010, Az: I 6O 78/08).

Bei der Abtreibung kam es zunächst aus Versehen zu einer Perforation der Gebärmutter, weshalb sich der Gynäkologe zu einer Bauchspiegelung entschlossen hatte. Die Narkose wurde hierzu vertieft. Kurz darauf kam es allerdings zu einem gravierenden Blutdruckabfall. Nach Beurteilung des Verhaltens des Anästhesisten durch einen vom Gericht beauftragten Sachverständigen "wurde jenseits jeglicher Regeln der Medizin gearbeitet", da er weitere, noch dazu überdosierte Narkosemedikamente gegeben hatte, obwohl der Kreislauf bereits instabil war (Systole: 80 mmHg).

Geklagt hatten Mutter und Bruder der Verstorbenen. Die Mutter erlitt durch den Vorfall eine posttraumatische Belastungsstörung, hegte Selbstmordgedanken und war arbeitsunfähig. Sie konnte nicht mehr allein gelassen werden und hatte sich in sich selbst zurückgezogen. Hinzu kamen ständige Schmerzen am ganzen Körper, Schlaf- und Appetitlosigkeit sowie permanente Erschöpfung. An dieser Lage hatte sich auch fast 2½ Jahre nach dem Tod der Tochter nichts geändert. Da diese Leiden gutachterlich nachgewiesen wurden und erheblich über das hinausgingen, was man nach dem Tod eines nahen Angehörigen üblicherweise mitmacht, hielt es das Landgericht Bochum hier für gerechtfertigt, der Mutter einen Schmerzensgeldanspruch gegen den Anästhesisten in Höhe von 10.000,- € zuzusprechen.

Da der Anästhesist während des (missglückten) Schwangerschaftsabbruchs „jenseits aller anerkannten Regeln auf dem Fachgebiet der Anästhesie gehandelt“ hatte, verurteilte ihn das Gericht ferner zur Zahlung von 20.000,- € an Mutter und Bruder der Patientin als deren Erben aus übergegangenem Recht gemäß §§ 1922, 823, 249 II, 253 BGB.

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