Rückerhalt der Mietsache bei Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters?

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Dr. Klaus Lieb

Fall:

Ein gewerblicher Mieter hatte das Mietverhältnis zu dem aus seiner Sicht nächstmöglichen Zeitpunkt 17.6.2020 gekündigt. Der Vermieter wies darauf hin, dass das Mietverhältnis noch ein Jahr weiterlaufe. In der Folgezeit nutzte der Mieter das Mietobjekt bis zum 31.12.2020 und warf an diesem Tag die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters. Der Vermieter erklärte, dass die Rückgabe der Schlüssel ausdrücklich gegen seinen Willen erfolgte und er nicht empfangsbereit sei. Im Juni 2021 forderte der Vermieter den Mieter auf im einzelnen benannte Mängel und Schäden an der Mietsache zu beseitigen. Nach fruchtlosem Ablauf dem Schreiben gesetzten Frist verlangte er Zahlung von Schadensersatz. Im August beantragte er den Erlass eines Mahnbescheids. Im nachfolgenden Streitverfahren wandte der Mieter ein, dass die Verjährungsfrist von 6 Monaten bereits abgelaufen sei. Der Vermieter unterlag vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht auf Grund der Verjährung seiner Schadensersatzansprüche. Mit seiner Revision hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BGH:

Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil vom 29.1.2025-XII ZR 96/23-fest:

Der Rückerhalt der Mietsache im Sinne des § 548 Absatz 1 S. 2 BGB setzt eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, weil dieser erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen.

Für den Verjährungsbeginn ist der Rückerhalt der Mietsache auch dann maßgeblich, wenn der Mietvertrag noch nicht beendet ist mit der Folge, dass ein Anspruch im Sinne des § 548 Absatz 1 S. 1 BGB bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses verjähren kann.

Für den Rückerhalt, so der BGH, ist es erforderlich, dass der Mieter den Besitz vollständig und unzweideutig aufgibt. Dagegen reicht es nicht aus, dass der Vermieter (vorübergehend) die Möglichkeit erhält, während des (auch nur mittelbaren) Besitzes des Mieters die Mieträume besichtigen zu lassen.

Nicht höchstrichterlich entschieden sind die Fragen:

Unter welchen Voraussetzungen beginnt der Lauf der Verjährungsfrist, wenn der Mieter dem Vermieter anbietet, die Mietsache zurückzuerhalten, der Vermieter diese jedoch nicht zurücknimmt.

Gleiches gilt für die Frage, ob der Mieter vor Beendigung des Mietverhältnisses zur Rückgabe der Mietsache berechtigt bzw. der Vermieter zur Rücknahme verpflichtet ist.

Jedoch stellt der BGH auch fest, dass der Vermieter nicht verpflichtet ist, die Mietsache jederzeit - sozusagen auf „Zuruf“ - zurückzunehmen, etwa wenn der Mieter kurzfristig auszieht, ihm den Schlüssel sofort aushändigen will und diesen nach gescheiterten Übergabe in den Briefkasten des Mietobjekts einwirft.

Praxistipp:

Im Hinblick auf die mieterfreundliche Entscheidung ist es bei vorzeitigem Auszug eine Option, den Schlüssel in den Briefkasten zu werfen und den Vermieter darüber zu informieren. Der Vermieter seinerseits sollte sofort reagieren und nicht darauf vertrauen, dass ein möglicher Anspruch im Sinne des § 548 Absatz 1 S. 2 BGB erst ab Beendigung des Mietverhältnisses zu verjähren beginnt.

Maßgebend ist, so der BGH, jeweils im Einzelfall, dass der Vermieter die Mietsache tatsächlich zurückerhält.

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