Praxisgemeinschaft bei nur geringer Größe der Praxisräume?

von Lieb Rechtsanwälte

Fall:

In dem vom Sozialgericht Marburg – Az.: S 12 KA 483/13 – entschiedenen Fall hatten die in Praxisgemeinschaft arbeitenden Ärzte ihre Sprechstundenzeiten aufgrund der geringen Größe der Praxisräume so aufeinander abgestimmt, dass jeweils nur ein Arzt anwesend war. Wegen der erhöhten Anzahl gemeinsam behandelter Patienten waren sie auffällig geworden.

Entscheidung:

Das Sozialgericht Marburg kam zu der Auffassung, dass die Ärzte in Wirklichkeit eine Gemeinschaftspraxis betrieben. Aufgrund der Größe der Praxis sei eine gleichzeitige Berufsausübung beider Ärzte in Praxisgemeinschaft nicht möglich. Hieraus folge zwingend, dass keiner der beiden Ärzte die Sprechstundenzeiten anbieten könne, die eine Praxis im Normalfall anbiete. Insofern sei davon auszugehen, dass der übliche Praxisbetrieb nur durch das Behandeln beider Ärzte aufrechterhalten werden könne. Eine solche Arbeitsteilung sei nur in der Form einer Berufsausübungsgemeinschaft zulässig.

Hinweis:

Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung gelten mehr als 20 % gemeinsamer Fälle bei versorgungsbereichsidentischen Praxen als implausibel, bei versorgungsbereichsübergreifenden Praxen gilt das Aufgreifkriterium von 30 %. Selbst ein unter dem Aufgreifkriterium von 20 % liegender gemeinsamer Patientenanteil dürfte bei der oben beschriebenen Organisationsstruktur kritisch sein. Ärzte können der Gefahr einer Doppelbehandlung nur entgehen, wenn sie die jeweiligen Praxen strikt trennen. Jeder Arzt darf – mit der Ausnahme echter Notfälle – nur Patienten behandeln, die der andere Arzt nicht behandelt. In der Praxis ist eine solche strikte Trennung nur schwer umsetzbar. Um auf der vertragsarztrechtlich sicheren Seite zu stehen, sind alle Voraussetzungen der gewählten Kooperationsform strikt einzuhalten. Die Sozialgerichte sehen gesellschaftsrechtliche Gestaltungen mit dem bloßen Ziel einer besseren Abrechnung besonders kritisch.

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