"Off-Label-Use"

von Lieb Rechtsanwälte

Das Bundessozialgericht in Kassel hat seine Rechtsprechung zum "Off-Label-Use" konkretisiert (BSG, Urteile vom13.10.2010, Az.: B 6 KA 47/09 R und 48/09 R). Hiernach greift die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur bei Ausnahmebehandlungen, die schwerste Krankheiten selbst betreffen, nicht aber bei Behandlungen von Folgekrankheiten.

Das BSG bestätigt die Regresse wegen der Verordnung von Megestat® (Megestrol) und Dronabinol. Megestat® ist ein Medikament, das in Deutschland nur für die palliative Behandlung bei fortgeschrittenem Brust- und Gebärmutterkarzinom zugelassen ist. Dronabinol ist in den USA zugelassen und in Deutschland nur als Rezepturarzneimittel verfügbar. Für die Anwendung fehlt eine anerkennende Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses.

Der Kläger, ein Chefarzt einer Klinik in Schleswig-Holstein, hatte die Medikamente auch Männern mit Lungenkrebs verordnet, um krankheitsbedingte Appetitlosigkeit und drohende körperliche Auszehrung zu behandeln. Mit zwei im Beschwerdeverfahren bestätigten Bescheiden setzte der Prüfungsausschuss für sieben Quartale Regresse von zusammen 4110 Euro fest.

Das BSG bestätigte die Regressentscheidungen. Die Verordnungen seien zu Recht abgelehnt worden, weil für beide Medikamente "hinreichende Belege für die Eignung und Unbedenklichkeit" im Zusammenhang mit Bronchialkrebs von Männern fehlten. Die vom BVerfG herabgesetzten Anforderungen für "Off-Label-Use" oder die Verordnung nicht zugelassener Arzneimittel bei lebensbedrohlichen Erkrankungen greifen nach dem Urteil des BSG nicht. Diese Ausnahmen erstreckten sich laut BVErfG- Rechtsprechung "nur auf solche Therapiemethoden beziehungsweise Arzneimittel, die kausal auf die lebensbedrohliche Erkrankung als solche einwirken".

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