Mitunternehmerschaft § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG: Freiberufliche oder gewerbliche Einkünfte bei überwiegend organisatorischen und administrativen Leistungen eines Partners

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Dr. Klaus Lieb

Ein als Zahnarzt zugelassener Mitunternehmer übt im Rahmen eines Zusammenschlusses von Berufsträgern den freien Beruf selbst aus, wenn er neben einer gegebenenfalls äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit vor allem und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Mitunternehmerschaft erbringt. Die eigene freiberufliche Betätigung eines Mitunternehmers kann auch in Form der mit, und Zusammenarbeit stattfinden.

(amtl.) BFH, Urteil vom 4.2.2025-VIIIRIV/22

In dem vom Bundesfinanzhof zu entscheidenden Fall war der Seniorpartner einer in dem Partnerschaftsregister eingetragenen Zahnarztpraxis mit allen Angelegenheiten der Praxis befasst, die außerhalb der eigentlichen Patientenbehandlung zum Bereich der Praxis gehörten. Hierunter fielen die Betreuung aller vertraglichen Angelegenheiten, die Vertretung der Praxis gegenüber Behörden und Kammern, die Instandhaltung der zahnärztlichen Gerätschaften und Einrichtungsgegenstände. Zuletzt hielt sich der Seniorpartner regelmäßig am Dienstag in den Praxisräumen auf, um dort vor allem Reparatur- und Wartungsarbeiten vorzunehmen. Im Übrigen befand es sich nur unregelmäßig in den Praxisräumen. Im Streitjahr beriet er fünf Patienten konsiliarisch, wobei dies außerhalb der Praxisräume bzw. im Wartezimmer geschah. Eine Behandlung der Patienten „am Stuhl“ fand nicht statt.

Im Gegensatz zu den Vorinstanzen, diese waren für die Zahnarztpraxis von gewerblichen Einkünften ausgegangen, stellte der Bundesfinanzhof freiberufliche Einkünfte fest.

Die freiberufliche Tätigkeit sei, so der Bundesfinanzhof durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt. Die bloße Zugehörigkeit eines Gesellschafters zu einer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz genannten Berufsgruppen reiche nicht aus. Vielmehr müsse positiv festgestellt werden, dass jeder Gesellschafter die Hauptmerkmale des freien Berufs, nämlich die persönlichen Berufsqualifikationen und das untrennbar damit verbundene aktive Entfalten dieser Qualifikation auf dem Markt, in seiner Person verwirkliche. Die persönliche Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit setze allerdings nicht voraus, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig und an jedem Auftrag mitarbeitete. Die eigene freiberufliche Betätigung eines Mitunternehmers könne auch in Form der Mit- und Zusammenarbeit stattfinden.

Die berufstypische zahnärztlichen Tätigkeit werde in besonderem Maße durch den persönlichen individuellen Dienst am Patienten geprägt. Dies schließe nicht aus, eine freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit auch anzunehmen, wenn ein als Zahnarzt zugelassener Mitunternehmer im Rahmen eines größeren Zusammenschlusses von Berufsträgern neben einer gegebenenfalls äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit vor allem und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Gesellschaft erbringe.

Hinweis:

Zu der Entscheidung des Bundesfinanzhofs trug auch bei, dass die Mitgesellschafter die Tätigkeit des Seniorpartners trotz interner Streitigkeiten mit einer einvernehmlichen Gewinnzuweisung entlohnten.

Die Entlohnung der im Zusammenhang mit der kaufmännischen Führung und der Organisation des Betriebs erbrachten Tätigkeiten darf jedoch nicht mit einer erkennbar außerhalb des Rahmens der Gewinnzuweisungen die weiteren Partner liegen, um nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb zu gelangen.

Quelle: GesR 7/2025, S. 459-462

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