Medizinisches Fachwissen im Arzthaftpflichtprozess

von Lieb Rechtsanwälte

Patient und Anwalt sind nicht verpflichtet, sich für einen Arzthaftungsprozess medizinisches Fachwissen anzueignen, damit umfassend zum Behandlungsfehler vorgetragen werden kann (BGH, Urteil vom 01.03.2016 - VI ZR 49/15).

Der BGH hob hervor, dass die Anforderungen an den Vortrag des Patienten nicht überspannt werden dürften. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH dürften an die Informations- und Substantiierungspflichten der Partei im Arzthaftungsprozess nur maßvolle Anforderungen gestellt werden. Vom Patienten könne regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden. Der Patient und sein Prozessbevollmächtigter seien insbesondere nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen.  Nach diesen Grundsätzen sei der Patient nicht verpflichtet, mögliche Entstehungsursachen einer Infektion zu ermitteln und vorzutragen. Bei dieser Sachlage könne es nicht als Nachlässigkeit angesehen werden, dass die Klägerin in zweiter Instanz ihren Angriff konkretisiert habe, nachdem ihr zweitinstanzlicher Prozessbevollmächtigter durch eigene medizinische Recherchen zusätzliche Informationen über mögliche Infektionsursachen erlangt habe.

 

Liegen bestimmte medizinische Informationen nicht bereits erstinstanzlich vor, sondern werden diese erst später bekannt, kann deren Vortrag im Berufungsverfahren nicht als verspätet zurückgewiesen werden. 

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