Manipulative Werbung bei Praxissoftware für Ärzte ist unzulässig!

von Lieb Rechtsanwälte

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg musste sich in zwei Eilentscheidungen [Beschlüsse vom 24. Oktober 2008 (L 7 B 57/08 KA ER) und vom 17. Februar 2009 (L 7 B 115/08 KA ER)] mit der Problematik von in von Ärzten genutzter Praxissoftware platzierter Arzneimittelwerbung befassen. Bei den Antragstellern handelte es sich um Softwarehersteller, die gravierende wirtschaftliche Verluste geltend machten, wenn sie ihr bisheriges Geschäftskonzept nicht weiter fortführen können.

Die Computersoftware wird unter anderem zur Verordnung von Arzneimitteln genutzt. Werbung im Rahmen dieser Software war zunächst ohne Einschränkung erlaubt. Die Hersteller dieser Software erzielten ihre Einnahmen vor allem über ihre im Pharmabereich angesiedelten Werbekunden, auf deren Produkte der Arzt bei der Softwarenutzung vielfältig hingewiesen wurde.

Eine neue gesetzliche Regelung sieht vor, dass nur noch solche Software in Arztpraxen zum Einsatz kommen darf, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zertifiziert wurde. Hiermit soll erreicht werden, dass die Verordnung von Arzneimitteln manipulationsfrei möglich ist.

In Ausführung der gesetzlichen Vorgaben haben die KBV und die Spitzenverbände der Krankenkassen einen Katalog mit Anforderungen erstellt, nach welchem Werbung nur noch durch ein gesondertes, direkt erkennbares und mit einer einzigen Aktion entfernbares Werbefenster in Praxissoftware enthalten sein darf. Auch darf hinter der Werbung keine Funktion hinterlegt sein, durch die der Arzt unmittelbar zu einer Arzneimittelverordnung geführt wird. Mit diesen Maßgaben sollen Werbung und Programmfunktionalität strikt getrennt werden.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2008 (L 7 B 57/08 KA ER) wurde entschieden, dass die gesetzliche Pflicht zur Zertifizierung nicht zu beanstanden und verfassungsgemäß ist. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Softwarehersteller wird als gerechtfertigt erachtet, weil mit dem Gebrauch manipulationsfreier Praxissoftware durch Vertragsärzte ein erheblicher Gemeinwohlbelang gegenüber steht und in der Vergangenheit Praxissoftware auf dem Markt gewesen sei, die durch ihre starke manipulative Wirkung auf den Prozess der Verordnung von Arzneimitteln einseitig Produkte einzelner Pharmahersteller in den Vordergrund geschohen haben.

Mit Beschluss vom 17. Februar 2009 (L 7 B 115/08 KA ER) wurde der vorherige Beschluss ausgeweitet und die Ablehnung der Zertifizierung einer bestimmten Praxissoftware für rechtmäßig erklärt. Die betroffene Software verstieß mit einigen ihrer Funktionen gegen das Verbot der Vermengung von Werbung und Programm. "Im Lichte des dem Recht der Krankenversicherung innewohnenden Wirtschaftlichkeitsgebots erscheine das gesetzgeberische Anliegen, den Vorgang derärztlichen Verordnung von Arzneimitteln von werblicher Einflussnahme strikt zu trennen 'geradezu zwingend'."

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