Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
von Lieb Rechtsanwälte
Ein Beitrag von RA Stefan Runstuk
Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll nach dem Koalitionsvertrag der neuen schwarz-roten Regierung abgeschafft werden. Aber Achtung! Das heißt nicht, dass dieses Gesetz ersatzlos und für immer wegfallen wird. Denn es existiert eine Europäische Lieferkettenrichtlinie, die nunmehr nach dem Koalitionsvertrag „bürokratiearm und vollzugsfreundlich“ umgesetzt werden soll. Es bleibt also spannend!
Warum die Ampelkoalition mit ihrem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz vorgeprescht ist und nicht damit gewartet hat, bis die Europäische Lieferkettenrichtlinie beschlossen und verkündet ist, die ja ohnehin umgesetzt werden muss, bleibt wohl ihr Geheimnis.
In jedem Fall soll nach dem Koalitionsvertrag zunächst das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz abgeschafft werden. Das dürfte kein allzu großer Verlust sein. Ist dieses Gesetz doch vor allem ein zahnloses „Bürokratiemonster“. Es werden hohe bürokratische Anforderungen aufgestellt, wie eine umfassende Berichtspflicht, ein Risikomanagement, eine Risikoanalyse, die Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber einem unmittelbaren Zulieferer. Gleichzeitig ist jegliche Schadenersatzpflicht ausgeschlossen. Eine Strafbarkeit ist nicht verankert, sondern es gibt nur Ordnungswidrigkeitsvorschriften und bei Verstoß entsprechende Bußgelder. Und zu alledem wird im Grunde in weiten Teilen nicht die Lieferkette insgesamt betrachtet, sondern nur der unmittelbare Zulieferer.
Diese Vorgaben stehen übrigens nicht nur auf dem Papier, sondern deren Einhaltung wird tatsächlich auch vom zuständigen BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) geprüft und angemahnt. So z.B. bei einem großen Bäckereibetrieb, bei dem man sich schlicht und ergreifend fragen muss, warum dieser Betrieb ein Problem in seiner Lieferkette haben sollte.
Es bleibt abzuwarten, ob das bisherige Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tatsächlich aufgehoben wird und was an seine Stelle tritt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass diese Sorgfaltspflichten nur für große Unternehmen gelten. Die Europäische Lieferkettenrichtlinie hat eine gestaffelte Geltung. Das bedeutet, es fängt im Jahr 2027 bei großen Betrieben an (5.000 Beschäftigte und 1.500 Millionen Umsatz). Am Ende, d.h. ab dem Jahr 2029, sollen die Regelungen für Betriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 450 Mio. EUR gelten. Auch diese Größenklassen müssen natürlich in nationales Recht überführt werden.
Es ist aber natürlich zu erwarten, dass die großen Betriebe ihre Verpflichtungen an die Zulieferer und diese an die weiteren Zulieferer weitergeben werden, so dass die kleineren Betriebe durch diese Regelungen zwar nicht unmittelbar, aber doch mittelbar dadurch betroffen sind, dass in den Zuliefererverträgen z.B. bestimmte Schadenersatz- oder Freistellungspflichten aufgenommen werden. Das Thema wird daher wahrscheinlich auch kleinere Betriebe betreffen.