Lastschriftwiderruf nach Insolvenzantragstellung
von Lieb Rechtsanwälte
Der Kunde einer späteren Insolvenzschuldnerin hatte nach Insolvenzantragstellung die Einzugsermächtigung für die Bezahlung für von der Schuldnerin gelieferte Ware widerrufen. Daraufhin wurde er von der kontoführenden Sparkasse auf Schadensersatz und von dem Insolvenzverwalter auf Zahlung der Warenlieferungen in Anspruch genommen (Urt. vom 12.05.2022 – IX ZR 71/21).
Die Beklagte des Rechtsstreits zahlte für von der späteren Schuldnerin gelieferte Ware im Wege der SEPA-Basislastschrift. Aufgrund dieser Einzugsermächtigung wurden die Rechnungsbeträge von einem Konto der Beklagten abgebucht. Das Eingangskonto der Schuldnerin, das bei einer Sparkasse geführt wurde, befand sich durchgehend im Soll.
Als die Beklagte von der Insolvenzantragstellung erfuhr, verlangte sie von ihrer Bank die Wiedergutschrift der Lastschrifteinzüge der letzten Monate. Die hiermit verbundene Rückbelastung des Kontos der Schuldnerin bei der Sparkasse meldete letztere zur Tabelle an und nahm gleichzeitig die Beklagte auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (unberechtigter Lastschriftwiderruf) in Anspruch.
Die Inanspruchnahme der Beklagten durch die Sparkasse endete mit der Zahlung eines Vergleichsbetrages.
Nach Insolvenzeröffnung nahm der Insolvenzverwalter die Kundin der Schuldnerin, die Beklagte, auf Zahlung aus den ursprünglichen Rechnungen für Warenlieferungen in Anspruch.
Der BGH hat hierzu entschieden, dass dem Insolvenzverwalter der Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus den ursprünglichen Forderungen, die mit den Warenlieferungen entstanden seien, zustehe. Die zunächst eingetretene Erfüllung durch den Lastschrifteinzug sei entfallen, als die beklagte Kundin der Schuldnerin nach Insolvenzantragstellung die Wiedergutschrift der Lastschriften verlangte. Die Erfüllungsvereinbarung, die zwischen Zahlungsgläubiger und Zahlungsschuldner getroffen worden sei, sei so auszulegen, dass die Erfüllung im Fall einer ausnahmsweisen Rückbelastung entfalle, § 159 BGB.
Die Tatsache, dass das Konto bei der Sparkasse, von dem die Lastschriften widerrufen worden seien, immer debitorisch geführt worden sei und die Sparkasse nur eine Insolvenzforderung geltend machen könne, ändere hieran nichts. Auch sei es mit dem Ziel einer gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung nicht vereinbar, die Beklagte von ihrer Leistungspflicht gegenüber der Masse zu befreien, da sich das Insolvenzrisiko der Sparkasse verwirklicht habe. Die Beklagte könne sich im Verhältnis zu dem auf Kaufpreiszahlung klagenden Insolvenzverwalter auch nicht mit der Begründung befreien, dass an die Sparkasse bereits Schadensersatz geleistet worden sei. Dies betreffe ein anderes Schuldverhältnis.