Laser-Operation
von Lieb Rechtsanwälte
Private Krankenversicherung muss Laser-Operation zahlen
Mit Urteil vom 30.01.2008 entschied das AG Göttingen, dass die private Krankenversicherung (PKV) einem Patienten die Kosten für eine Laser-in-situ-Keratomieleusis-Opteration (LASIK- Operation) in Höhe von 4.488,65 € erstatten muss.
Zum Sachverhalt:
Anlass des Rechtsstreits war die Kostenerstattung einer Laser-in-situ-Keratomieleusis-Opteration (LASIK-Operation) zwischen Patient und seiner PKV, der mit einem Erstattungstarif von 100%, auch für ambulante ärztliche Leistungen, einschließlich der Augenheilkunde, versichert war.
Die refraktive Lasik-Korrektur der Kurzsichtigkeit des Patienten wurde unter Einsatz eines Excimer-Lasers behoben und die PKV zur Zahlung der hierfür angefallenen Kosten in Höhe von 4.488,65 EUR verurteilt.
Das Gericht bejahte eine „medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit“ gem. § 1 Nr. 2 Versicherungsbedingungen, wonach Krankheit im Sinne der Bedingungen ein objektiv nach ärztlichem Urteil bestehender anormaler, regelwidriger Körper- und Geisteszustand ist (vgl. LG Dortmund, VersR 2007, S. 30).
Da es sich bei der konkreten Fehlsichtigkeit des Patienten um einen anormalen Zustand handelt, der derartige Störungen zur Folge hat, dass dieser einer medizinischen Behandlung bedarf, wurde im zu entscheidenden Fall eine Krankheit im vorgenannten Sinn bejaht.
Die beim Kläger durchgeführte LASIK-Operation stelle auch die vertraglich geforderte „Heilbehandlung“ dar, weil diese nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Augenheilkunde und den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes gerade zum Zweck der Behebung/Heilung der Fehlsichtigkeit durchgeführt wurde.
Die durchgeführte Laser-Behandlung (LASIK-Operation) war - entgegen der Rechtsansicht der beklagten Krankenversicherung - auch medizinisch notwendig.
Nach herrschender Ansicht in der Rechtsprechung (BGH, VersR 2006, 5. 535 ff.; BGHZ 154, 5. 154 [166 f.]; BGHZ 133, S. 208 [212 f.]; VersR 1978, S. 271) ist eine Behandlungsmaßnahme dann medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 10.07.1996 – IV ZR 133/95).
Damit handelt es sich um einen objektiven, vom Vertrag zwischen Arzt und Patienten unabhängigen Maßstab.
Ob eine Behandlung medizinisch notwendig ist, beurteilt sich allein nach ihrer Eignung. Der tatsächlich eingetretene oder nicht eingetretene Behandlungserfolg ist dabei ohne Relevanz. Insoweit genügt es, dass es die medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen.
Steht nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung die Eignung einer Behandlung, eine Krankheit zu heilen oder zu lindern oder ihren Verschlimmerungen entgegenzuwirken fest, folgt daraus grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers (BGH, VersR 2006, 5. 535 ff).
Nach diesen Beurteilungskriterien war die durchgeführte Laser-Operation medizinisch notwendig, weil diese dazu geeignet war, die Kurzsichtigkeit zu heilen.
In dem streitigen Verfahren hat der Gerichtsgutachter ausgeführt, dass es sich bei der LASIK-Operation um ein seit Jahren wissenschaftlich anerkanntes Verfahren zur Beseitigung von Fehlsichtigkeit handelt, das lediglich eine geringe Komplikationsrate habe. Ferner wurde in nachvollziehbarer Weise dargestellt, dass die LASIK-Operation geeignet war, die Fehlsichtigkeit zu bessern bzw. zu heilen.
Entscheidend war die eindeutige Feststellung des Gutachters, dass die Operation des Patienten im konkreten Fall geeignet war, dessen Fehlsichtigkeit zu beheben bzw. zu lindern. Alleine dieser Umstand, dass eine Behandlungsmethode dazu in der Lage ist, ein (Augen)Leiden zu lindern oder zu heilen, war nach Ansicht des AG Göttingen ausreichend für die Annahme der medizinischen Notwendigkeit.
Bei dem Patienten lagen auch keine Kontraindikationen vor, die der LASIK-Operation entgegenstehen könnten.
Sofern die Versicherung einwendet, dass für die Behandlung der Fehlsichtigkeit des Klägers auch eine Brille oder Kontaktlinsen hätten verwendet werden können, schließt sich das erkennende Gericht nicht der von der Beklagten angeführten Rechtsprechung des LG München 1 (VersR 2005, S. 394) und des LG Köln (NJW-RR 2006, S. 1409) an. Aus den zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsbedingungen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Versicherung bei mehreren möglichen Behandlungsmethoden nur die kostengünstigere ersetzen wird. Das vom LG München l beschriebene „Nachrangigkeitsprinzip“ war den Versicherungsbedingungen nicht zu entnehmen.
Die Auslegung des § 1 Nr. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen führt zum Ergebnis, dass der Versicherte nicht mit erforderlicher Klarheit ersehen kann, dass die Beklagte bei mehreren zur Verfügung stehenden Behandlungswegen einer Krankheit sich die Erstattungsfähigkeit der Heilbehandlung auf die kostengünstigere Alternative beschränkt. Für eine solche Beschränkung finden sich keine Anhaltspunkte im Wortlaut der Versicherungsbedingungen.
Eine Entscheidung, die vielen Patienten die Laser-Operation schmackhaft machen könnte. Ein Hinweis, insbesondere Ihrer Konkurrenz hierauf könnte „Augen öffnen“.