Kündigung des Behandlungsvertrages

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Arzt darf den Behandlungsvertrag kündigen. Dies gilt auch dann, wenn kein wichtiger Grund vorliegt. Eine Schadenersatzpflicht wird hierdurch nicht ausgelöst.

Auf die Dauer des Behandlungsverhältnisses kommt es dabei nicht an, auch nach mehreren Jahren ist ein Arzt nicht an den Behandlungsvertrag dauerhaft gebunden, wie das Kammergericht Berlin bereits mit Urteil vom 04.06.2009 - Az.: 20 U 49/07 entschieden hat.

Dieses hatte einen Fall zu entscheiden, bei welchem ein Zahnarzt von seiner ehemaligen Patientin auf Schadenersatz verklagt worden war, weil er den Behandlungsvertrag nach sieben Jahren gekündigt hatte.

Die Patientin litt an einer Schädigung ihres linken Kiefergelenks und hatte sich von dem Zahnarzt eine Regulierungsschiene anfertigen lassen, die alle zwei bis drei Monate kontrolliert werden musste. Die Klägerin gab an, dass es keine gleichwertige Behandlung gebe. Sie sah sich zudem durch die Kündigung erheblichen psychischen Belastungen ausgesetzt, weshalb sie zusätzliche 8000 Euro Schmerzensgeld verlangte.

DasGericht wies die Klage zurück, da es sich hier um einen Dienstvertrag "höherer Art" im Sinne des Paragrafen 627 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelte. Der Vertrag könne grundsätzlich von beiden Seiten jederzeit gekündigt werden. Eine Schadenersatzpflicht des Zahnarztes hätte nur dann bestanden, wenn die Kündigung zur "Unzeit" erfolgt wäre und sich die Patientin die von ihm benötigten Dienste nicht anderweitig beschaffen könnte. Letzteres sei nach Auffassung des Gerichts gegeben, wenn der kündigende Arzt für die betreffende Behandlung eine Monopolstellung innehabe.

Praxistipp: Im vorliegend entschiedenen Fall kam dem Zahnarzt sicherlich zugute, dass er nicht der einzige Zahnarzt war, bei dem die Patientin die Behandlung fortsetzen konnte. Auch wenn sie sich subjektiv auf ihn angewiesen sah, konnte ihm objektiv keine besondere Monopolstellung zugesprochen werden. Anders wäre sicherlich zu entscheiden gewesen, wenn es sich um eine besondere - von nur wenigen Spezialisten durchgeführte Behandlung gehandelt hätte oder es sich um eine Praxis in ländlicher Gegend mit deutlich medizinischer Unterversorgung gehandelt hätte. Auch dies war hier offensichtlich nicht der Fall.

Die Gründe einer Vertragsaufkündigung können vielschichtig sein. Die Besonderheit von Behandlungsverträgen liegt darin, dass gerade bei langjährigen Behandlungsverhältnissen Patienten normalerweise ein gewisses Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt aufbauen, das durch eine Kündigung, insbesondere wenn sie mitten in einer Behandlungsphase ausgesprochen wurde, empfhindlich gestört werden kann, wenn dem Patienten keine Gründe für die Vertragsaufhebung genannt werden. Für den Patienten stellt sich in einem solchen Fall unweigerlich das Gefühl ein, vom Arzt allein gelassen zu werden. Konflikte bleiben deshalb kaum aus. Der Arzt sollte deshalb mit dem Patienten kommunizieren und den Grund für die Vertragsaufhebung offen legen, um Konflikte von vornherein zu vermeiden.

Im Einzelfall mag der Kündigungsgrund dagegen so offensichtlich sein - wie etwa im Fall eines gestörten Behandlungsverhältnisses bei dem jedes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten zerstört ist . In dem Fall dürfte dann aber ohnehin auch für den Patienten kaum ein Interesse am Vertragsfortbestand vorliegen.

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