Krankengeld – Ermittlungspflicht der Krankenkassen

von Lieb Rechtsanwälte

Beantragt ein arbeitsunfähiger Versicherter bei seiner Krankenkasse Krankengeld, ist die Kasse von Amtswegen zu eigenen medizinischen Ermittlungen verpflichtet, wenn sie trotz einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes beim Versicherten einen Anspruch auf Krankengeld ablehnt.

Zwar kommt der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit keine bindende Wirkung für die Krankenkasse zu, sondern hat lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme. Das Hessische Landessozialgericht (Hess LSG Urteil vom 18.10.2007, AZ L 8 KR 228/06) hat dennoch eine Krankenkasse zur Weiterzahlung von Krankengeld verurteilt, da gegenüber der klagenden Versicherten weder sie, noch der MDK der bestehenden Pflicht zur sorgfältigen Ermittlung des medizinischen Sachverhalts nachgekommen war. Zur Ermittlung zählt die Befragung der behandelnden Ärzte, sowie eine Untersuchung des Patienten.

Der MDK hätte, da die Kasse von der ärztlichen Stellungnahme abweichen wollte, ein medizinisches Gegengutachten vorlegen müssen, das die ärztlichen Befunde bewertet und wissenschaftlich- methodisch untersucht. Weder wurden die behandelnden Ärzte noch die Patientin befragt, noch erfolgte eine körperliche Untersuchung. Der MDK hatte ausschließlich nach Aktenlage, die noch fehlerhaft interpretiert wurde, entschieden. Dies wurde vom Gericht als Willkür angesehen.

Das Gericht wies auf die Schwierigkeit hin, der die Versicherten oftmals unterliegen, dass diese zum Nachweis ihrer Arbeitsunfähigkeit nur die Atteste der behandelnden Ärzte vorweisen können. Wenn die Krankenkassen ihrer Pflicht zu einer möglichst schnellen Aufklärung des medizinischen Sachverhalts nicht nachkommen, wird es für Versicherte mit Zeitablauf zunehmend schwieriger, eine frühere Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Ein hierdurch für den Versicherten entstehender prozessualer Nachteil kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dann durch Beweiserleichterungen ausgeglichen werden. Ermittelt die Krankenkasse nicht pflichtgemäß, können sich zugunsten des Versicherten die Anforderungen an den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit verringern. Dies kann im Einzelfall sogar zur Beweislastumkehr in der Weise führen, dass schließlich die Krankenkasse den Beweis führen muss, dass der Versicherte arbeitsfähig war.

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