Kosten des Insolvenzverfahrens als Werbungskosten steuerlich absetzbar?

von Lieb Rechtsanwälte

Nein, so das Finanzgericht Hamburg in seinem Urteil vom 19.10.2023 (Az. 1 K 97/22 – beachte: das Urteil ist nicht rechtskräftig)

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hatte Ende letzten Jahres über den steuerrechtlichen Einfall einer Insolvenzschuldnerin zu entscheiden. Diese wollte die Kosten des Insolvenzverfahrens von der Steuer absetzen und so noch ein wenig Geld sparen. Das FG trat dem entgegen und entschied, dass diese Kosten weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastung von der Steuer abgesetzt werden könnten (vgl. Leitsatz der Entscheidung).

Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der späteren Klägerin wurde auf Antrag Dritter ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt standen im Eigentum der Betroffenen zwei vermietete Mehrfamilienhäuser in Hamburg. Die bestellte Insolvenzverwalterin veräußerte diese Immobilien im Jahr 2017, um die Außenstände zu begleichen. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens beantragte die spätere Klägerin, die Kosten des Insolvenzverfahrens als Werbungskosten von ihren Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften abzuziehen. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass es sich bei den gegenständlichen Kosten nicht um Werbungskosten im Sinne des § 9 I S. 1 EStG handle.

Die gegen diese Entscheidung des Finanzamts eingelegte Klage blieb nun vor dem FG Hamburg erfolglos (Urteil noch nicht in Rechtkraft erwachsen).

Das FG nimmt in seiner Entscheidung Bezug auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und führt aus, dass im Falle eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304 ff. InsO) die Vergütung eines Insolvenztreuhänders nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Einkünfteerzielungssphäre des Steuerpflichtigen stehe, da die subjektiven Anforderungen an das Vorliegen von Werbungskosten nicht erfüllt sei. Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens diene primär dazu, die Gläubiger eines Schuldners zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird (vgl. § 1 InsO). Der redliche Schuldner solle die Chance erhalten, sich von seinen Schulden zu befreien (§ 1 i.V.m.  §§ 287 I, 305 InsO). Das Verbraucherinsolvenzverfahren betreffe damit die wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen als Person und mithin die private Lebensführung. Der private Vermögensbereich des Schuldners sei daher das „auslösende Moment“ für das Entstehen der getätigten Aufwendungen.

Die Schulden seien zwar vollständig durch die Veräußerung der Mietshäuser getilgt worden, gleichwohl bestehe kein Veranlassungszusammenhang zwischen der Veräußerung und dem Vermietungsgeschäft der Klägerin. Der Senat berücksichtigte hierbei auch die Tatsache, dass das Insolvenzverfahren durch Fremdinsolvenzanträge angestoßen worden war und dass die Verbindlichkeiten keinen näheren Bezug zu den vermieteten Immobilien aufgewiesen hatten.

Ebenso wenig seien die Kosten als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 I EStG berücksichtigungsfähig. Die Hamburger Richter berufen sich in ihrem Urteil auf höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die Überschuldung von Privatpersonen kein gesellschaftliches Randphänomen und damit gerade nicht außergewöhnlich sei (BFH, Urteil vom 16.12.2021 – VI R 41/18).

Das Urteil des FG Hamburg ist nicht rechtskräftig – Anhängige Revision beim Bundefinanzhof (Az. IX R 29/23).

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