Kopie der Patientenakte – unentgeltlich?

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Dr. Klaus Lieb, FA für Medizinrecht, FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

Nach § 630g Abs. 2 BGB kann der Patient wahlweise die Anfertigung physischer oder elektronischer Kopien seiner Patientenakte verlangen. Er hat hierbei die dem Behandelnden entstandenen Kosten zu erstatten.

In dem beim BGH anhängigen Rechtsstreit begehrte ein Patient von der ihn behandelnden Zahnärztin die unentgeltliche Herausgabe einer Kopie sämtlicher ihn betreffenden Krankenunterlagen. Die Zahnärztin vertrat die Auffassung, sie müsse eine Kopie der Patientenunterlagen nur gegen Kostenerstattung zur Verfügung stellen. Das mit dem Streit befasste Amtsgericht sah dies anders. Sie verpflichtete die Zahnärztin zur unentgeltlichen Herausgabe unter Hinweis auf Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Das Berufungsgericht schloss sich dieser Auffassung an. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgt die Zahnärztin ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Der Bundesgerichtshof legte mit Beschluss vom 29.03.2022 – VI ZR 1352/20 – dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung von Art. 15 DS-GVO vor, u. a., ob eine erste Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist, wenn der Betroffene die Daten nicht zur Verfolgung datenschutzrechtlicher Zwecke begehrt, sondern Schadensersatzansprüche geltend macht, des Weiteren, ob die Kostenregelung zu Lasten des Patienten in § 630g Abs. 2 S. 2 BGB eine nach der Datenschutz-Grundverordnung zulässige nationale Beschränkung der datenschutzrechtlichen Verpflichtungen darstelle.

Praxishinweis:
Patienten sollten bei der Zahlung entstandener Kosten für Kopien aus ihrer Patientenakte unter Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 29.03.2022 einen Vorbehalt auf Rückerstattung geltend machen.

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