Kenntnisabhängige Verjährung im Insolvenzverfahren

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Der BGH hat mit Urteil vom 07.04.2022 (IX ZR 107/20) über die Zurechnung der Kenntnis des Schuldners im Insolvenzverfahren für den Verjährungsbeginn entschieden.

Gegenstand der Entscheidung waren Anfechtungsansprüche eines Insolvenzverwalters gegenüber Genussrechteinhabern. Eine AG handelte mit Finanzprodukten im sog. „Schneeballsystem“. Der Beklagte des Verfahrens erhielt in den Jahren 2011 – 2013 insgesamt rund 7500.-€ Gewinn. Das Insolvenzverfahren folgte im Jahr 2014, nach 2016 wurde die Anfechtungsklage erhoben. 2018 wurden die bei der Schuldnerin Verantwortlichen wegen Bandenbetruges verurteilt.

Laut BGH wäre der Anfechtungsanspruch des Verwalters begründet gewesen, wenn die Gesellschaft gar keinen Gewinn gemacht hätte. In diesem Fall hätte kein Anspruch auf Ausschüttung bestanden. Ansonsten sei zunächst die Ertragslage zu ermitteln. Auf Grund dessen wurde das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Allerdings sei der AG bereits spätestens 2013 bekannt gewesen, dass die ausgeschütteten Gelder auf gefälschten Bilanzen beruhten. Diese Kenntnis müsse sich der Verwalter zurechnen lassen. Ansonsten würde die Verfahrenseröffnung zum Neubeginn der Verjährung führen.

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