Ist ein Insolvenzverwalter verpflichtet, eine Schlussrechnung zu erstellen um eine Forderungsanmeldung zu ermöglichen?

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Diese Frage hat der BGH mit Urteil vom 07.11.2024 (IX ZR 179/23) beantwortet.

Die Antwort lautet: nein.

Im zu entscheidenden Fall hatte die Insolvenzschuldnerin Bauleistungen für die Klägerin des Verfahrens erbracht. Die Klägerin hatte Teilzahlungen auf den vereinbarten Pauschalpreis geleistet. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauunternehmens lehnte der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Bauvertrages ab. Die Klägerin nahm den Insolvenzverwalter auf Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung, die die erbrachten Leistungen und Teilzahlungen berücksichtigt, in Anspruch. Die Klage hatte zunächst in zwei Instanzen Erfolg; die Revision führte zur Klageabweisung durch den BGH.

Zwar sei, so der BGH, aufgrund der Vereinbarung über Voraus- oder Abschlagszahlungen der Werkunternehmer vertraglich verpflichtet, seine Leistungen abzurechnen. Der Besteller habe ein berechtigtes Interesse daran, dass ein Unternehmer die einzelnen geleisteten Voraus- oder Abschlagszahlungen in einer Rechnung abrechne und er zusätzlich eine endgültige Rechnung unter Berücksichtigung der geleisteten Voraus- oder Abschlagszahlungen erhalte. Diese Verpflichtung folge aus dem vorläufigen Charakter der Voraus- oder Abschlagszahlungen und bestehe unabhängig davon, ob sie vertraglich ausdrücklich geregelt sei. Bei vorzeitiger Beendigung eines Pauschalpreisvertrages gelte nichts anderes. Im zu entscheidenden Fall könnte der Klägerin ein Anspruch auf Auszahlung eines Überschusses aufgrund der geleisteten Abschlagszahlungen zustehen, wenn die Summe der geleisteten Zahlungen die dem Insolvenzschuldner zustehende endgültige Vergütung übersteige. Dieser Anspruch müsse zur Insolvenztabelle angemeldet werden, § 38 InsO. Dementsprechend hat der BGH entschieden, dass ein nebenvertraglicher Anspruch (auf Erteilung der Schlussrechnung), der die Geltendmachung der Hauptforderung vorbereiten und ermöglichen solle, deren rechtliches Schicksal teile. Dementsprechend könne die Erstellung einer Schlussrechnung vom Insolvenzverwalter erst verlangt werden, wenn die Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet und der Feststellung widersprochen wurde.

Die Insolvenzforderung sei im Rahmen der Anmeldung vom anmeldenden Gläubiger zu beziffern. Ohne Anmeldung der Insolvenzforderung zur Tabelle könne der Gläubiger nicht die Erfüllung seines nebenvertraglichen Anspruchs auf Erteilung der Schlussrechnung oder Auskunft verlangen.

Der Gläubiger könne zunächst die Forderung gemäß § 45 S. 1 InsO schätzen, sodass er auch ohne vorherige Erteilung einer Auskunft oder Abrechnung in der Lage sei, seine Forderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend zu machen. Gem. § 45 S. 1 InsO sind Forderungen, deren Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt wird. Die Vorschrift sei, so der BGH, auch anwendbar, wenn die genaue Bezifferung der Forderung von einer Auskunft oder Abrechnung durch den Schuldner abhänge, welche nicht erteilt wird.

Widerspreche der Insolvenzverwalter einer solchen Berechnung, müsse er zum einen aufgrund der materiell-rechtlich bestehenden Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht und zum anderen aus Gründen des materiellen Rechts die von ihm für berechtigt gehaltene Forderung in einer substantiierten Art und Weise darlegen. Für den Fall, dass der Insolvenzverwalter nach der Anmeldung der geschätzten Forderung die Schlussrechnung erteile, sei die Ungewissheit über die Forderungshöhe beseitigt. Der Gläubiger könne sich dann mit der Abrechnung zufriedengeben oder aber um den bestrittenen Teil seiner Forderung prozessieren. Für den Fall, dass der Insolvenzverwalter nach dem Widerspruch keine Schlussrechnung vorlegt, könne der Gläubiger seinen Anspruch auf Auskunft oder Schlussrechnung gegen den Insolvenzverwalter geltend machen, um eine Feststellungsklage (Feststellung zur Tabelle) vorzubereiten. Der Anspruch des Gläubigers auf Auskunft und Rechnungslegung erlösche durch die Insolvenzeröffnung nicht.

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