Ist die (gleichzeitige) Abgabe von zwei Teilzulassungen zulässig?
von Lieb Rechtsanwälte
Sachverhalt:
Ein Vertragsarzt muss aus gesundheitlichen Gründen seine
Tätigkeit beenden. Die Abgabe des Kassenarztsitzes als ganzer ist nicht
möglich. Hingegen sind Interessenten für zwei halbe Zulassungen
vorhanden.
Rechtslage:
Sind für eine Arztgruppe in einem Planungsbereich
Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet worden, kann
dort grundsätzlich kein Arzt mehr zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen werden (§ 103 Abs. 1 und 2 SGB V). Eine Ausnahme hiervon
lässt § 103 Abs. 4 SGB V zu, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes –
durch Erreichung der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung –
endet. Auf Antrag des ausscheidenden Vertragsarztes bzw. seiner zur
Verfügung über die Praxis berechtigten Erben hat die kassenärztliche
Vereinigung diesen Vertragsarztsitz auszuschreiben. Der
Zulassungsausschuss wählt sodann aus den eingehenden Bewerbungen den
Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Zweck des
Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V ist es, aus Gründen
des Eigentumsschutzes (Art. 14 GG) dem Inhaber einer Praxis deren
wirtschaftliche Verwertung auch in einem für Neuzulassungen an sich
gesperrten Gebiet zu ermöglichen. Das öffentliche Interesse an der
Vermeidung von Überversorgung und deren Abbau tritt in diesen Fällen
zurück, wenn und soweit die wirtschaftlichen Interessen des
ausscheidenden Vertragsarztes bzw. seiner Erben die Erteilung einer
Zulassung auch in einem gesperrten Gebiet als geboten erscheinen
lassen.
Nach § 103 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist seit 1. Januar 2009 auch eine kleine Praxis mit hälftiger Zulassung übergabefähig. Gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist die gleichzeitige Abgabe von zwei Teilzulassungen. Das verfahrensmäßige Prozedere wird von den Zulassungsausschüssen bundesweit unterschiedlich gehandhabt. Im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG sollte die gleichzeitige Abgabe von zwei Teilzulassungen zulässig sein. Das Bundessozialgericht wird die Rechtslage definitiv klären müssen.
Hinweis:
Die Zulassung allein ist nicht übertragbar und weder vom
Schutzzweck des § 103 Abs. 4 Satz 1 SGB V umfasst noch von dem
Schutzbereich des Art. 14 GG. Veräußerbar ist nur eine
fortführungsfähige und lebensfähige Praxis (ideeller Wert und
Sachwert), welche mit der vertragsärztlichen Zulassung untrennbar
verbunden ist. Dies gilt auch dann, wenn eine hälftige Zulassung oder
die gleichzeitige Abgabe von zwei Teilzulassungen anstehen. Wir
verweisen hierzu auch auf unseren Beitrag vom 01.04.2010 (Fortfuehrungsfaehige Praxis als Voraussetzung fuer das Nachbesetzungsverfahren).