Voraussetzungen an den Insolvenzantrag eines Sozialversicherungsträgers

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Das LG Hamburg musste sich im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens mit den Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes im Rahmen der Insolvenzantragstellung durch einen Sozialversicherungsträger beschäftigen (Beschluss vom 27. Juli 2023-326 T 19/23).

Die Antragstellerin, eine Sozialversicherungsträgerin, beantragte die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen offener fälliger Sozialversicherungsbeiträge der Schuldnerin in Höhe von rund 2500 €.

Sie wurde vom AG darauf hingewiesen, dass sie die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe, § 14 InsO.

Die Antragstellerin legte trotz des gerichtlichen Hinweises keine weiteren Unterlagen vor, sondern berief sich insbesondere auf die bereits vorgelegte Drittschuldnererklärung einer Bank im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens und darauf, dass sie institutionelle Gläubigerin sei.

Das AG hat den Eröffnungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen; die sofortige Beschwerde der Antragstellerin blieb ohne Erfolg.

Das LG hat ausgeführt, dass die vorgelegte Drittschuldnererklärung nicht ausreiche und darüber hinaus bereits über sechs Monate alt sei. Ein Protokoll über einen fruchtlosen Vollstreckungsversuch eines Gerichtsvollziehers oder auch die Abgabe einer Vermögensauskunft fehlten. Lediglich die Tatsache, dass Sozialversicherungsbeiträge über rund ein Jahr nicht bezahlt seien, sei für die Glaubhaftmachung nicht ausreichend.

Das LG hat darauf hingewiesen, dass Sozialversicherungsträger das Vorliegen eines Insolvenzgrundes in gleicher Weise glaubhaft müssten wie auch andere Gläubiger. Die Tatsache, dass die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen strafbar sei, sei lediglich einer von mehreren berücksichtigungswürdigen Umständen. Auch könne sich die Antragstellerin nicht darauf zurückziehen, dass sie institutionelle Gläubigerin sei.

Das LG ist, wie auch das AG, der Rechtsprechung des BGH nicht gefolgt. Dieser hatte die Beweisregel aufgestellt, dass bei Rückständen mit fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von mindestens sechs Monaten in der Regel von Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auszugehen sei (Beschluss vom 13.06.2006 – IX ZB 238/05).

Im entschiedenen Fall sei, so das LG, darüber hinaus zu berücksichtigen, dass nach den eigenen Angaben der Antragstellerin die Schuldnerin über einen nach wie vor laufenden Geschäftsbetrieb verfüge, in dem auch Kunden verkehrten. Es bestünde daher die Möglichkeit, dass die anderen Gläubiger der Schuldnerin bedient werden könnten und auch bedient würden.

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