Insolvenzanfechtung gegenüber Sozialversicherungsträgern

von Lieb Rechtsanwälte

Der BGH hat mit Urteil vom 28.04.2022 (IX ZR 48/21) Indizien der Vorsatzanfechtung gegenüber einem Sozialversicherungsträger präzisiert.

Die Schuldnerin hatte Sozialversicherungsbeiträge vollständig (einschließlich angefallener Mahngebühren und Zinsen), aber immer mit einer Verzögerung von mindestens 22 Tagen und maximal 54 Tagen gezahlt.

Im Anfechtungsprozess hat der BGH entschieden, dass die Frage, ob das Zahlungsverhalten eines zahlungsunfähigen Schuldners gegenüber einem Sozialversicherungsträger bereits den Schluss rechtfertigt, dass der Schuldner wusste, seine weiteren Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können, sich nach einer Gesamtwürdigung richte. Insbesondere die Dauer des Rückstands für einzelne Beitragsmonate, des Zeitraums, in dem rückständige Beiträge auftreten und die Entwicklung der rückständigen Beiträge seien maßgeblich.

Laut BGH kann eine Zahlungseinstellung auch aus einem einzigen Indiz geschlossen werden, sofern dieses eine Indiz eine ausreichende Aussagekraft habe. Wenn dies nicht der Fall sei, komme der Schluss auf eine Zahlungseinstellung nur in Betracht, wenn die Gesamtheit der Indizien dies auch rechtfertige. Abzustellen sei hier auf die volle richterliche Überzeugung einer Zahlungseinstellung. Der BGH geht jedoch davon aus, dass die Tatsache, dass ein Schuldner Sozialversicherungsbeiträge stets vollständig, aber weitgehend gleichbleibend um einen bis weniger als zwei Monate verspätet zahlt, für sich genommen kein ausreichendes Indiz darstellen soll, um eine Zahlungseinstellung zu begründen.

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