Insolvenzanfechtung des gesetzlichen Mindestlohns

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Mit Urteil vom 25.05.2022 hat das BAG entschieden, dass die Insolvenzanfechtung von Arbeitsentgelt auch den auf den gesetzlichen Mindestlohn entfallenden Bestandteil umfasst (6 AZR 497/21).

Im entschiedenen Fall wurde eine Arbeitnehmerin vom Insolvenzverwalter ihres Arbeitgebers (des Insolvenzschuldners) auf Rückzahlung von Lohn infolge einer Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen. Die beklagte Arbeitnehmerin hatte Zahlungen mit dem Verwendungszweck „Lohn“ erhalten, die über das Konto der Mutter des Insolvenzschuldners vorgenommen worden waren. Zu diesem Zweck war das Konto der Mutter des Schuldners aus dessen Vermögen ausgestattet worden, unter anderem durch Bareinzahlungen, Umbuchungen und Überweisungsgutschriften eigener Schuldner.

Der Insolvenzverwalter erhob Klage wegen inkongruenter Deckung, da die Einschaltung der Mutter des Schuldners als Zahlungsmittlerin nicht der vertraglichen Abrede der Parteien entsprochen habe und die Zahlungen die Gläubigergesamtheit benachteiligten.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab mit der Begründung, dass zwar an sich die Voraussetzungen der inkongruenten Deckungsanfechtung vorlägen, der Anfechtung jedoch die Vorschriften des Mindestlohngesetzes (MiLoG) entgegenstünden.

Auf die Berufung hin wurde das Urteil teilweise abgeändert. Das LAG gab der Klage in Höhe des den Mindestlohn übersteigenden Anteils des Nettoentgelts statt.

Die Revision schließlich führte zur vollumfänglichen Verurteilung der beklagten Arbeitnehmerin. Das BAG gelangte zu dem Ergebnis, dass die Insolvenzanfechtung von Arbeitsentgelt nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen zum Schutz des Existenzminimums des Arbeitnehmers beschränkt werde. Dieser Schutz werde, so das BAG, im Falle einer erfolgreichen Anfechtung „nachgelagert“ durch das Zwangsvollstreckungsrecht und das Sozialrecht gewährleistet.

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