Influencer im Visier der Steuerfahndung

von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte

Was zunächst wohl als harmloses und laienhaftes Medienangebot aus der Mitte der Gesellschaft heraus begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einem echten Geschäftsfeld entwickelt: Influencer! Dieses Wort beschreibt schon längst nicht mehr nur ein Hobby von anderweitig Berufstätigen, die sich in Zeiten technisch hochleistungsfähiger Endnutzer-Hardware nach Feierabend nicht nur an ihren verschiedenen Hobbies erfreuen, sondern auch an dessen Präsentation, an Video- und Audioaufzeichnung und -bearbeitung sowie an allgemeinem öffentlichen Austausch in sozialen Netzwerken und Medienplattformen. „Influencer“ dürfte mittlerweile eher eine Berufsbezeichnung sein. Influencer haben sich zu einem unverzichtbaren Element der Vermarktung entwickelt. Für Product Placement in den sozialen Medien durch mehr oder weniger bodenständige Mitnutzer der jeweiligen Plattform stellen Unternehmen heutzutage üppiges Budget zur Verfügung.

Das haben nicht nur die Wettbewerbshüter bemerkt, wie z.B. die Entscheidungen des BGH vom 09.09.2021 und der neue § 5a Abs. 4 UWG in der seit 28.05.2022 geltenden Fassung zeigen, die die Frage betreffen, inwieweit Verpflichtungen zur Kennzeichnung als Werbung für Influencer bestehen.

Auch die Finanzverwaltung hat auf das Geschäftsmodell „Influencer“ auf dem Radar. Die Steuerfahndung in Bonn ist für die Ermittlung von Steuerstraftaten im Zusammenhang mit Erträgen aus der Tätigkeit als Influencer im gesamten Bundesgebiet zuständig. Dort werden Personen, die in den sozialen Medien als Influencer auffallen, untersucht. Dabei werden regelmäßig zwei Fragen aufgeworfen:

Wurden Steuererklärungen abgegeben, die die Einnahmen als Influencer berücksichtigen?

In den meisten Fällen scheint diese Frage bereits mit „nein“ beantwortet zu werden. Selbst wenn die Tätigkeit als Influencer – auch bei Verwendung anderer Bezeichnungen – in der Steuererklärung angegeben wird, stellt sich die Steuerfahndung die zweite Frage:

Sind diese Angaben vollständig?

Wer hier unvollständige Angaben macht und meint „Und wenn schon? Woher soll die Finanzverwaltung wissen, dass es tatsächlich noch mehr zu versteuern gäbe?“, der wähnt sich in falscher Sicherheit. Die Steuerfahndung kann unmittelbar von Dritten Auskunft über Umsätze des Steuerpflichtigen verlangen, z.B. von PayPal. Dies wird auch regelmäßig praktiziert.

Der Steuerpflichtige erfährt davon zunächst nichts. Kenntnis erlangt er zumeist erst im Nachhinein durch Mitteilung der Steuerfahndung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens. Für eine strafbefreiende Selbstanzeige ist es dann schon zu spät. Stattdessen gilt es, Ruhe zu bewahren und nicht überzureagieren. Äußerungen zum Tatvorwurf sollten unbedingt unterbleiben. Dem Beschuldigten steht das Recht zu, jede Aussage zu verweigern und anwaltlichen Beistand zu konsultieren. Häufig kann Einsicht in die Ermittlungsakten genommen werden. Auf dieser Basis kann gegebenenfalls eine Verteidigungsstrategie entwickelt werden.

Sollten Sie Post von der Steuerfahndung erhalten, stehen wir Ihnen gerne zur Seite.

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