Haftung des ausgeschiedenen Geschäftsführers für Insolvenzverschleppungsschäden

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Stefan Runstuk

Nach einem Urteil des BGH (Urt. v. 23.07.2024 – II ZR 206/22) haftet der aus dem Amt ausgeschiedene Geschäftsführer grundsätzlich auch für Schäden von Neugläubigern, die erst nach seinem Ausscheiden Verträge mit der Gesellschaft abgeschlossen haben, wenn die Situation und die Gefahr, die dadurch entstanden ist, dass kein Insolvenzantrag gestellt wurde, im Zeitpunkt der Entstehung immer noch vorhanden war. Weiterlesen.

Was heißt das jetzt konkret?

1. Prüfung von Insolvenzgründen (Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) durch den Geschäftsführer

Zunächst einmal ist wichtig, dass jeder Geschäftsführer einer Gesellschaft verpflichtet ist, die wirtschaftliche Situation seiner Gesellschaft im Blick zu haben. Das hört sich nach einer Selbstverständlichkeit an, bedeutet aber auch, dass der Geschäftsführer prüfen muss, ob ein Insolvenzgrund besteht. Bei einer GmbH, UG oder GmbH & Co. KG können sowohl die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung Insolvenzgründe sein. Die Beantwortung dieser Frage kann schwierig sein. Wenn ein Geschäftsführer diese Frage nicht beantworten kann, muss er sich insoweit Hilfe holen. Ein Geschäftsführer kann sich nicht darauf berufen, dass er sich mit den Insolvenzgründen der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung nicht auskennt.

2. Ressortaufteilung zwischen den Geschäftsführern irrelevant

Jetzt ist es gerade bei kleineren und mittleren Gesellschaften häufig so, dass einer der Geschäftsführer für den technischen Bereich und der andere für den kaufmännischen Bereich zuständig ist. Bei Geschäftsführern besteht aber eine „Allzuständigkeit“. Das bedeutet nichts anderes, als dass auch ein Geschäftsführer, der an sich nur den technischen Bereich betreut, ein kritisches Auge darauf haben muss, ob ggf. ein Insolvenzgrund besteht. Auch in dem vorgenannten Urteil hat der BGH erneut entschieden, dass für die Frage der Haftung die Ressortaufteilung keine Rolle spielt.

3. Kein Entfallen der Haftung bei Abberufung oder Niederlegung

Das Ausscheiden eines Geschäftsführers führt nicht dazu, dass seine Haftung für Schäden, die dadurch entstehen, dass der Insolvenzantrag nicht gestellt wird, entfällt.

4. Haftung ggf. auch für Geschäftsabschlüsse nach dem Ausscheiden

Der BGH hat nunmehr in dem vorgenannten Urteil darüber hinausgehend festgestellt, dass der ausgeschiedene Geschäftsführer, auch für solche Schäden haftet, die nach seinem Ausscheiden dadurch entstehen, dass die Gefahrenlage – wie es der BGH nennt – fortbesteht.

5. Relevanz insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren

Diese Haftung hat natürlich besondere Bedeutung für ein mögliches Insolvenzverfahren. Geht die Gesellschaft in die Insolvenz, wird der Insolvenzverwalter natürlich ein besonderes Augenmerk darauf haben, ab wann die Insolvenz bestand und ob die derzeitigen oder aber auch die ausgeschiedenen Geschäftsführer aufgrund einer Insolvenzverschleppung haften.

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