Google Fonts: Die Abmahnwelle rollt weiter

von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte

Wir berichteten bereits im Juli über massenweise Abmahnungen gegenüber Inhabern von Webseiten, in denen Schriftarten des Dienstes „Google Fonts“ derart eingebunden sind, dass diese bei jedem Aufruf der Webseite von Google-Servern heruntergeladen werden. Dieses „Hinzuladen“ ist technisch betrachtet nur möglich, indem eine Anfrage an diese zuständigen Stellen bei Google gestellt wird, die u.a. die IP-Adresse des Besuchers der Webseite enthält. Die IP-Adresse wird somit an Google übermittelt. Unter der Annahme, dass es sich bei der IP-Adresse (immer) um ein personenbezogenes Datum handelt - was insbesondere zuletzt das LG München I zu Beginn diesen Jahres so entschieden hat – handelt es sich dabei um eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die nicht gerechtfertigt wird und daher gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO unzulässig ist.

Im Laufe diesen Jahres begannen Privatpersonen damit, mittels sogenannter Crawler nach solchen Verstößen zu suchen und die jeweiligen Webseitenbetreiber per E-Mail abzumahnen. Diesbezüglich gilt nach wie vor unsere Empfehlung:

1. Webseite ändern!
2. Auf gar keinen Fall Geld bezahlen!
3. Die Abmahnung jedenfalls nicht ignorieren, sondern diese beantworten und die Forderungen dabei zurückweisen!

Wer im Sommer diesen Jahres noch hoffte, dass sich das Thema bald beruhigen würde, irrte leider. Stattdessen artet das Thema immer weiter aus. Dies scheint im Wesentlichen der Verdienst zweier Kanzleien aus Meerbusch und Berlin zu sein: Die Kanzlei RAAG aus Meerbusch und die Kanzlei eines Herrn RA Kilian Lenard aus Berlin. Bei uns häufen sich seit der vergangenen Wochen Schreiben an, die von einer dieser beiden Kanzleien stammen. Auch in den sozialen Medien überschlagen sich die Meldungen über solche Abmahnungen. Derzeit dürften Tausende oder gar Zehntausende dieser Schreiben im Umlauf sein.

Unsere oben genannten allgemeinen Empfehlungen zum Umgang mit solchen Abmahnschreiben gilt auch für diese Schreiben der Kanzleien RAAG und Lenard. In der konkreten Umsetzung ergeben sich allerdings Unterschiede in Bezug auf die Reaktion gegenüber den Abmahnenden.

Bei den Abmahn-E-Mails von Privatpersonen, die nur androhten, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen und dadurch möglicherweise erstattungsfähige Kosten zu verursachen, ging unsere Beratung in den meisten Fällen dahin, vorsorglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Gegenüber den Abmahnkanzleien RAAG und Lenard nehmen wir von dieser Empfehlung Abstand. Stattdessen sollten die Forderungen schriftlich oder per E-Mail mit Zugangsbestätigung als unberechtigt zurückgewiesen werden.

Ebenfalls zurückgewiesen werden sollte der von der Kanzlei RAAG jedenfalls angesprochene Antrag auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO. Die Zurückweisung kann damit begründet werden, dass der Antrag zum einen offensichtlich rechtsmissbräuchlich und zum anderen auch völlig unbestimmt ist. Genau genommen stellt die Kanzlei RAAG auch nur fest, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO. Eine ausdrückliche Aufforderung zur Auskunft gibt der Wortlaut jedoch nicht einmal her. Dennoch erscheint sinnvoll, die Auskunft ausdrücklich abzulehnen, um sich nicht dem unnötigen Risiko auszusetzen, wegen Verletzung des Auskunftsrechtes belangt zu werden. Jeder Antrag auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO muss bearbeitet werden, auch wenn die Bearbeitung nur darin besteht, den Antragsteller dahingehend zu „verbescheiden“, dass keine Auskunft erteilt wird und er sich der Hilfe der Datenschutzaufsichtsbehörden und/oder der Gerichte bedienen möge, wenn er meint, Anspruch auf die beantragte Auskunft zu haben.

Sofern Sie von der Abmahnwelle betroffen sind und auf eine der vielen Muster-Antwortschreiben zurückgreifen möchten, empfehlen wir, genau zu prüfen, ob und inwieweit das Muster auf den eigenen Fall zugeschnitten ist. Wir konnten bereits feststellen, dass der Abmahn-Text von RA Kilian Lenard zwischenzeitlich in Details geändert worden ist. Die Abmahnenden können Ihr Verhalten einschließlich des konkreten Inhalts ihrer Schreiben jederzeit verändern.

Wir stehen Ihnen gerne nach Möglichkeit mit Rat und Tat zur Seite, wenn auch Sie Opfer dieser Abmahnwelle geworden sind. Angesichts der immensen Anzahl an Fällen müssen wir dabei um Rücksicht darauf bitten, dass auch wir nur im Rahmen unserer Kapazitäten arbeiten können und daher unter Umständen mit längeren Bearbeitungszeiten als üblich gerechnet werden muss. Darüber hinaus müssen wir uns auch vorbehalten, Mandate abzulehnen, wenn unsere Kapazitäten ausgeschöpft sein sollten. Wir empfehlen, sich nach Erhalt einer solchen Abmahnung so früh wie möglich darum zu kümmern und danken für Ihr Verständnis.

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