Gleicher Stundenlohn für geringfügig Beschäftigte wie Vollzeitbeschäftigte

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Christiane Pohl, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

Mit Urteil vom 18.01.2023 (Az. 5 AZR 108/22) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, jedoch Wünsche anmelden können, denen dieser allerdings nicht nachkommen muss, bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stundenvergütung erhalten dürfen als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die durch den Arbeitgeber verbindlich zur Arbeit eingeteilt werden.

Geklagt hatte ein Rettungsassistent, der im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses tätig ist und im Vergleich zu sog. „hauptamtlichen“ Rettungsassistenten in Voll- und Teilzeit im Streitraum eine Stundenvergütung von 12,00 € brutto anstelle von 17,00 € brutto erhielt. Die sog. „nebenamtlichen“ Rettungsassistenten, zu denen der Kläger gehört, werden von der Beklagten nicht einseitig zu Diensten eingeteilt, sondern können vielmehr Wunschtermine für Einsätze benennen. Mit der Klage verlangte der Kläger eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 3.285,88 € brutto für die Zeit von Januar 2020 bis April 2021, da er in der unterschiedlichen Stundenvergütung eine Benachteiligung wegen seiner Teilzeittätigkeit sah. Die Beklagte hielt die unterschiedliche Stundenvergütung für sachlich gerechtfertigt, weil sie mit den hauptamtlichen Rettungsassistenten eine größere Planungssicherheit und weniger Planungsaufgabe habe und die hauptamtlichen Rettungsassistenten sich zudem auf Weisung zu bestimmten Diensten einfinden müssten.

Das Landesarbeitsgericht München hatte der Klage stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr mit Urteil vom 18.01.2023 das Urteil der Vorinstanz bestätigt und die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Ausweislich der veröffentlichten Pressemitteilung zu dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts habe das Berufungsgericht richtig erkannt, dass die im Vergleich zu den hauptamtlichen Rettungsassistenten geringere Stundenvergütung den Kläger entgegen § 4 Abs. 1 TzBfG ohne sachlichen Grund benachteilige. Die haupt- und nebenamtlichen Rettungsassistenten seien gleich qualifiziert und üben die gleiche Tätigkeit aus. Der von der Beklagten pauschal behauptete erhöhte Planungsaufwand bei der Einsatzplanung der nebenamtlichen Rettungsassistenten bilde keinen sachlichen Grund zur Ungleichbehandlung. Die Pressemitteilung endet mit folgender Feststellung: „Dass sich ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers zu bestimmten Dienstzeiten einfinden muss, rechtfertigt in der gebotenen Gesamtschau keine höhere Stundenvergütung gegenüber einem Arbeitnehmer, der frei ist, Dienst anzunehmen oder abzulehnen“.

Zurück