Gesetzesänderung des § 309 Nr. 9 BGB – neue Regeln zur Kündigung und Vertragsverlängerung in B2C-Dauerschuldverhältnissen
von Lieb Rechtsanwälte
Ein Beitrag von RAin Natalie Freiin von Beust
Durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge vom 10. August 2021 traten zum 01. März 2022 neue verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen in Kraft, die auf einen verbesserten Schutz der Verbraucher:innen abzielen – die neuen gesetzlichen Regelungen sollen die Position der Verbraucher:innen gegenüber Unternehmen verbessern und zu Vertragsschlüssen unter faireren Bedingungen wie auch Vertragsinhalten mit faireren Regelungen führen. Trotz bereits bestehender gesetzlicher Schutzmaßnahmen kam es vermehrt zu Fällen, in denen Verbraucher:innen Verträge aufgedrängt oder untergeschoben wurden, die sie so nicht abschließen wollten. Zudem verwenden Unternehmen zunehmend bestimmte Vertragsklauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Rechte von Verbraucher:innen unverhältnismäßig erschweren und einschränken. Der Gesetzgeber sah daher Handlungsbedarf.
Neben Anpassungen des § 308 und § 310 BGB, wurde insbesondere der Wortlaut des § 309 Nr. 9 BGB geändert. § 309 Nr. 9 BGB regelt Klauselverbote in Rahmen von Dauerschuldverhältnissen, wie z.B. Zeitschriften-Abonnements oder Fitnessstudiomitgliedschaften, wie auch Pay-TV-Verträge. Gemäß § 309 Nr. 9a ) BGB n.F. ist nunmehr eine länger als zwei Jahre bindende Vertragslaufzeit unwirksam. Eine automatische (stilschweigende) Verlängerung von befristeten Verträgen ist nach der Neufassung des § 309 Nr. 9 b) BGB nur noch eingeschränkt möglich – Verlängerungsklauseln sind nur noch wirksam, wenn sie die Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit vorsehen und dem Vertragspartner ein vertragliches Kündigungsrecht mit einer Frist von höchstens einem Monat einräumen. Der neugefasste § 309 Nr. 9c) BGB verkürzt die zulässige Kündigungsfrist auf einen Monat.
Die neue Rechtslage findet nur für Verträge Anwendung, die ab dem 01. März 2022 geschlossen werden. Auf Altverträge ist weiterhin die vorherige Rechtslage anzuwenden.
Auch gilt die neue Rechtslage insbesondere für Verbraucherverträge. Die Regelungen des § 309 BGB sind zwar gemäß § 310 Abs. 1. S. 2. Hs. 1 BGB im Rahmen der Inhaltskontrolle i.S.d. § 307 BGB auch bei Unternehmerverträgen zu berücksichtigen, allerdings gilt für die Zulässigkeitsprüfung bei B2B-Verträgen nach ständiger Rechtsprechung zur vorherigen Rechtslage eine deutlich offenere und weitgehendere Abwägung der beteiligten Interessen – es werden großzügige Maßstäbe für eine mögliche Unwirksamkeit von AGB-Regelungen zwischen Unternehmern angelegt. Daher sind aller Voraussicht nach etwaige Verlängerungsklauseln in Unternehmerverträgen nicht zu überarbeiten. Intention des Gesetzgebers bei Einführung und auch Neufassung des § 309 Nr. 9 BGB war der Schutz von Endverbrauchern, die vor einer Überrumpelungssituation bewahrt werden sollen – eine Verschärfung des unternehmerischen Schutzniveaus war dabei nicht intendiert. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in dieser Hinsicht entwickelt und ob das unternehmerische Schutzniveau ebenfalls angehoben wird.