Fehlgeschlagene Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutz-Richtlinie – Bundesrat stoppt Hinweisgeberschutzgesetz

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Natalie Freiin von Beust

ESG, Compliance und Whistleblowing sind Begriffe, die zur Zeit in aller Munde sind und nicht nur durch die Einführung neuer Gesetze, wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, großen Einfluss auf die Unternehmenskultur haben. Vor allem auf EU-Ebene sorgen diese Themen für Umschwung und neue Entwürfe von Richtlinien und Verordnungen.

Im Dezember 2019 trat die EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Hinweisgebern (sog. Whistleblower) in Kraft. Hintergrund dieser Richtlinie ist, dass Whistleblower für den Erhalt einer offenen und transparenten Gesellschaft besonders wichtig sind, da sie mit Ihren Meldungen auf Missstände aufmerksam machen und diese dadurch aufgedeckt werden können. Gerade in Deutschland ist der Begriff des Whistleblowings durch Fälle wie Wirecard und Dieselgate bekannt geworden. Damit die betroffenen Hinweisgeber besser vor Repressalien oder jeglichen negativen Konsequenzen (Kündigung, Versetzung, Einschüchterung etc.) geschützt sind, wurde die Richtlinie 2019/1937 erlassen. Ziel der EU war es damit Verstöße aufzudecken und zu unterbinden, die Rechtsdurchsetzung durch Einrichtung effektiver, vertraulicher und sicherer Meldekanäle zu verbessern und die Hinweisgeber vor Repressalien und jedweder Haftung zu schützen. In den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen kleine, mittlere und große Unternehmen ab 50 Mitarbeitern, Einrichtungen des öffentlichen Sektors, Behörden wie auch Gemeinden ab 10.000 Einwohnern – dabei sieht die neue Richtlinie Übergangsfristen für Unternehmen mit 50 bis 250 Mitarbeitern vor. Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie durch die europäischen Mitgliedstaaten wurde auf den 17. Dezember 2021 gelegt. Nachdem bereits im April 2021 der damalige Referentenentwurf des Justizministeriums zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) gekippt wurde, leitete die EU-Kommission im Februar 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren unter anderem gegen Deutschland ein.

Nun ist ein weiterer Versuch der Umsetzung in Deutschland erneut gescheitert. Nach Verabschiedung des neuen Entwurfes für das HinSchG im Bundestag im Dezember 2022, blockierte der Bundesrat nun den aktuellen Gesetzesentwurf. Hintergrund der Blockade war, dass einige Politiker der Ansicht sind, der aktuelle Gesetzesentwurf gehe in seiner vorliegenden Fassung weit über die EU-Vorgaben hinaus und würde besonders kleine und mittlere Unternehmen über Gebühr belasten. Auch wurde kritisiert, dass der in dem Entwurf vorgesehene anonymisierte Meldekanal die Gefahr von Missbrauch beinhalte und die Umsetzung durch IT-Systeme einen nicht zu rechtfertigenden Mehraufwand mit sich bringe.

Es bleibt abzuwarten, welches Schicksal der neues Gesetzesentwurf teilen wird – das Gesetz wird nun vermutlich erstmal in den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag gehen.

 

Gerne beraten wir Sie bei der Umsetzung der neuen Vorschriften im Bereich ESG, Compliance und Whistleblowing.

Zurück