ESG – EU-Kommission schlägt neue EU-Regelungen gegen Greenwashing im Rahmen einer „Green Claims Richtlinie“ vor
von Lieb Rechtsanwälte
„Etwas, das als grün verkauft wird, soll auch wirklich grün sein“ – dies ist der Leitgedanke, der hinter der neuen, von der europäischen Kommission vorgeschlagenen EU-Green Claims Richtlinie steckt. Unternehmen sollen künftig dazu verpflichtet werden, Mindeststandards einzuhalten, wenn sie Waren mit Klimafreundlichkeit oder Nachhaltigkeit bewerben – es sollen verlässlichere Umweltangaben für Produkte und Dienstleistungen eingeführt und verpflichtend werden. Konkret schlägt die EU-Kommission daher gemeinsame Kriterien gegen irreführende Umweltaussagen vor, um für Verbraucher:innen mehr Klarheit und Sicherheit zu sorgen. Die aktuellen Gesetzesvorgaben in dem Bereich der Werbung zu Umweltangaben bietet zu viel Raum für sog. Greenwashing, dh. Werbemethoden und Bezeichnungen von Produkten/Dienstleistungen, die darauf zielen, einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes „grünes“ Image zu verleihen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt. Nach einer Studie der europäischen Kommission aus dem Jahr 2020 wurden mehr als 50% der geprüften Umweltaussagen in der Europäischen Union als vage, irreführend oder unfundiert beurteilt. 40% der Aussagen waren gar nicht belegt. Dadurch, dass es derzeit keinerlei harmonisierten Vorschriften zu sog. Green Claims (freiwillige Umweltaussagen) von Unternehmen gibt, kommt es zu Greenwashing und ungleichen Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Markt, die wahrhaftig nachhaltige Unternehmen benachteiligen.
Durch die neue Richtlinie sollen aber nicht nur Verbraucher:innen in ihrem Wunsch, durch ihr Kaufverhalten zu einer nachhaltigeren Welt beizutragen, geschützt werden. Vielmehr sollen auch diejenigen Unternehmen „belohnt“ werden, die durch tatkräftige Bemühungen versuchen, ihre Auswirkungen auf die Natur, die Ressourcennutzung, klimawirksame Emissionen und die Umweltverschmutzung zu verringern. Dadurch dass es für Verbraucher:innen klarer erkennbar sein wird, welche Unternehmen tatsächlich Anstrengungen zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit ihrer Produkte unternehmen, können diese Verbraucher:innen für sich gewinnen und ihre Absätze steigern.
Der Richtlinien-Vorschlag bezieht sich auf alle freiwilligen Werbeaussagen über umweltbezogene Auswirkungen, Aspekte oder Leistungen von Produkten, Dienstleistungen und der Gewerbetreibenden selbst und sieht zudem eine Regelung für Umweltzeichen vor, um Verwirrung und Misstrauen bei Verbrauchern in Bezug auf die derzeit 230 auf dem Markt bestehenden Umweltzeichen zu vermeiden. Nicht in den Regelungsgehalt der Richtlinie mit einbezogen sind Umweltaussagen, die unter bestehende europäische Normen fallen, wie bspw. das EU-Umweltzeichen oder das EU-Bio-Logo für ökologische/biologische Lebensmittel. Künftig werden Unternehmen die in Rede stehenden Umweltaussagen nur dann verwenden dürfen, wenn diese überprüft und durch wissenschaftliche Erkenntnisse belegt wurden. Diese Überprüfung soll durch von den jeweiligen Mitgliedstaaten eingeführten Prüfsysteme durchgeführt werden. Vorerst muss der Richtlinienvorschlag vom Europäischen Parlament und dem Rat gebilligt werden – derzeit wird insbesondere noch diskutiert, ob anstelle der Regulierung rein umweltbezogener Werbung nicht die Regulierung und Einführung eines Nachhaltigkeits-Labels (zusätzlich) erforderlich wäre.