Einzelner Wohnungseigentümer hat keinen Anspruch gegen Verwalter wegen Verletzung von Pflichten

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Christiane Pohl (FAin für Bau- und Architektenrecht)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 05.07.2024, Az. V ZR 34/24 entschieden, dass nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) zum 01.12.2020 Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers wegen der Verletzung von Pflichten des Verwalters aus dem zwischen diesem und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschlossenen Vertrag nur gegenüber der Gemeinschaft bestehen. Der zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem Verwalter geschlossene Vertrag entfaltet gemäß der Entscheidung keine drittschützende Wirkung zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers.

Der Kläger ist Rechtsanwalt und Mitglied einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), die Beklagte ist deren Verwalterin. Die GdWE war Versicherungsnehmerin einer den gesamten Gebäudekomplex umfassenden Gebäudeversicherung. Die Gebäudeversicherung überwies der GdWE nach einem Wasserschaden an Gemeinschafts- und Sondereigentum im November 2022 die von einem Schadensregulierer berechnete Zeitwertentschädigung. Der Kläger forderte die Beklagte unter Fristsetzung zunächst vergeblich auf, den für sein Sondereigentum geleisteten Teilbetrag an ihn auszukehren. Die Auszahlung erfolgte erst, nachdem der Kläger erneut zur Zahlung aufforderte und erklärte, sich anwaltlich selbst zu vertreten.

Die auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Prozesszinsen gerichtete Klage ist beim Amtsgericht Chemnitz und Landgericht Dresden ohne Erfolg geblieben. Der BGH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Nach der Entscheidung des BGH stehen dem Kläger wegen einer möglicherweise verspäteten Auszahlung unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt Ersatzansprüche gegen die Beklagte zu.

Im Ausgangspunkt würden sowohl das Berufungsgericht als auch die Revision von der zutreffenden - aber unausgesprochen gebliebenen - Annahme ausgehen, dass sich ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht unmittelbar aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB ergeben könne. Zwischen den Parteien bestehe kein Schuldverhältnis, kraft dessen die Beklagte eine Auskehrung der auf das Sondereigentum des Klägers entfallenden Entschädigungszahlung des Gebäudeversicherers vorzunehmen hatte, so der BGH. Denn Vertragsparteien des Verwaltervertrages seien die GdWE und die Beklagte, nicht jedoch der Kläger.  Auch aus der Amtsstellung der Beklagten als Verwalterin folge keine gesetzliche Leistungspflicht gegenüber dem Kläger.

Auch ergibt sich nach Ansicht des BGH ein Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte nicht aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen des Vertrages auf Schutzwirkung zugunsten Dritter. Zutreffend habe das Berufungsgericht eine drittschützende Wirkung des Verwaltervertrages verneint.

Nach der zum alten Wohnungseigentumsrecht ergangenen Rechtsprechung des BGH entfaltete der Verwaltervertrag jedoch Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer. Ob dies auch nach Inkrafttreten des WEMoG zum 01.12.2020 angenommen werden kann, war umstritten.  Der BGH hält die Auffassung für zutreffend, nach der eine Schutzwirkung des Verwaltervertrages zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer abzulehnen ist. Die einzelnen Wohnungseigentümer seien nicht (mehr) schutzbedürftig. Seit Inkrafttreten des WEMoG zum 01.12.2020 ist, so der BGH, die GdWE Schuldnerin des Anspruchs der einzelnen Wohnungseigentümer auf ordnungsmäßige Verwaltung aus § 18 Abs. 2WEG, dementsprechend hätten die einzelnen Wohnungseigentümer eigene Ansprüche aus einem sie mit der GdWE verbindenden gesetzlichen Schuldverhältnis.

Verletze die GdWE schuldhaft die ihr obliegenden Verwaltungspflichten, begründe dies folgerichtig einen eigenen Schadensersatzanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die GdWE, der sich regelmäßig aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 WEG ergibt; hierbei müsse sich die GdWE das Verhalten ihres Verwalters entsprechend § 31 BGB und das Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.

Der BGH entschied auch, dass dieser Anspruch gegen die GdWE gleichwertig sei.

Zudem lehnte der BGH auch gesetzliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte ab. Zwar bleibe der Verwalter dem einzelnen Wohnungseigentümer etwa weiterhin uneingeschränkt aus dem Deliktsrecht verpflichtet. Die Weigerung der Beklagten, die Auszahlung an den Kläger vorzunehmen, verletze aber weder ein Recht oder Rechtsgut des Klägers gemäß § 823 Abs. 1 BGB noch ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

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