Doch kein Anspruch auf "Lorenzo's Öl"!

von Lieb Rechtsanwälte

In unserem Beitrag vom 11.02.2008 zu "Lorenzo's Öl" berichteten wir von 2 Entscheidungen der Landessozialgerichte Hessen und Sachsen-Anhalt, die zugunsten der klagenden Versicherten eine Kostentragungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen für das sog. „Lorenzo's Öl“ bestätigten. Die Entscheidung des Landessozialgericht Hessen wurde mittlerweile durch den 1. Senat des Bundessozialgerichts vom 28.02.2008 (Az.: B 1 KR 16/07 R) aufgehoben.

Der 1. Senat hat danach die ablehnende Entscheidung der Ersatzkasse bestätigt, nach der Lorenzo's Öl weder als Heil- noch als Hilfsmittel einzustufen ist. Danach handelt es sich entweder um ein nicht zugelassenes Fertigarznei- oder um ein Lebensmittel. In beiden denkbaren Fällen lehnt das Bundessozialgericht eine Leistungspflicht ab. Als nicht zugelassenes Fertigarzneimittel sei Lorenzo's Öl nicht, auch nicht ausnahmsweise zu Lasten der Beklagten verordnungsfähig. Die Krankheit des Klägers sei, so nach Auffassung des Gerichts, weder so selten, dass sie sich der systematischen wissenschaftlichen Erforschung entziehe, noch drohe dem bereits schwer betroffenen Kläger zukünftig eine besonders schwerwiegende Erkrankung, die einen arzneimittelrechtlich zulässigen Einzelimport von Arzneimitteln zu Lasten der GKV durch grundrechtsorientierte Auslegung ermöglichen könnte. Vielmehr bestehe bei bereits so erheblich geschädigten AMN-Patienten wie dem Kläger eine bloß ganz entfernte Hoffnung auf Besserung durch die Gabe von Lorenzo's Öl.

Auch eine Inanspruchnahme als Lebensmittel wurde abgelehnt, da die Versorgung mit Lebensmitteln grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der GKV gehöre. Ausnahmen hiervon kenne das Gesetz nur in engen Grenzen. Während das Zulassungsverfahren für Arzneimittel die Patienten schütze, fehlen vergleichbare Schutzvorkehrungen für Diätnahrung. Das Öl gehöre nicht zu den gesetzlich in § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V geregelten, ausnahmsweise verordnungsfähigen Produktgruppen (Aminosäuremischungen, Eiweisshydrolysate, Elementardiäten oder Sondennahrung), sondern sei eine Mischung aus Glycerinestern. Die Arzneimittelrichtlinien, die das Bundesgesundheitsministerium im Wege der Ersatzvornahme am 25. August 2005 erlassen habe, vermögen hieran nichts zu ändern. Zwar könne die Beklagte aus einer - möglichen - Verletzung des Selbstverwaltungsrechts des Gemeinsamen Bundesausschusses durch die Ersatzvornahme nichts für die Unwirksamkeit der geänderten Richtlinien ableiten. Die Richtlinien vom 25. August 2005 verstoßen aber gegen höherrangiges Recht. Sie seien insoweit nichtig, als sie den Kreis der zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Lebensmittel über die engen abschließenden gesetzlichen Vorgaben des § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V hinaus erweitern.

Die Entscheidung ist noch nicht veröffentlicht.
SG Darmstadt - S 10 KR 621/02 -
Hessisches LSG - L 8 KR 18/05 -
BSG- B 1 KR 16/07 R -

Quelle: Terminsbericht des Bundessozialgerichts vom 29.02.2008

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