Digitale Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung
von Lieb Rechtsanwälte
Ein Beitrag von RAin Yağmur Depboylu
In Strafprozessen an Land- und Oberlandesgerichten ist geplant, die Gerichtsverhandlungen künftig aufzuzeichnen und automatisch zu transkribieren.
Momentan wird lediglich ein Protokoll über wesentliche Förmlichkeiten, wie die Belehrung eines Zeugen, geführt. Eine Dokumentation des Inhalts der Beweiserhebung, d.h. Aussagen von Zeugen und Sachverständigen sowie Einlassungen der Angeklagten, erfolgt bisher nicht. Dies führt dazu, dass Verfahrensbeteiligte auf persönliche Notizen angewiesen sind, was zu Konzentrationsschwierigkeiten und möglichen Meinungsverschiedenheiten über den Verhandlungsverlauf führen kann.
Durch die geplante Aufzeichnung, die automatisiert in ein elektronisches Textdokument übertragen werden soll, soll die Qualität des Strafverfahrens weiter verbessert werden. So soll die Einführung einer technischen Dokumentation der Hauptverhandlung die Möglichkeit bieten, die Grundlage für die Nachvollziehbarkeit und die richterliche Überzeugungsbildung zu verbessern, wodurch kognitive Fehler vermieden und die Wahrheitsfindung unterstützt werden können.
Obwohl die Digitalisierung mehrere Vorteile bieten kann, bleibt fraglich, was für Risiken solch eine digitale Inhaltsdokumentation mit sich bringen wird.
Zum einen müssen die Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, Datenschutzaspekte und die Sicherheit der digitalen Aufzeichnungen sorgfältig berücksichtigt werden. Geplant ist, durch angemessene gesetzliche Regelungen und praktische Maßnahmen diese Risiken zu minimieren.
Ebenfalls sollen enorme Auswirkungen auf das Revisionsverfahren vermieden werden. Die grundlegende Aufgabenverteilung zwischen Tat- und Revisionsgericht soll erhalten bleiben.
Unzweifelhaft wird die digitale Dokumentation der Hauptverhandlung bei den Land- und Oberlandesgerichten sowohl erhebliche finanzielle Auswirkung zur Folge haben, als auch in technisch-organisatorischer Hinsicht definitiv eine anspruchsvolle Herausforderung für die Justiz darstellen.
Es ist wichtig, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, um die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen, ohne dabei die Integrität und Vertraulichkeit des Strafverfahrens zu gefährden, und gleichzeitig die potenziellen Nachteile zu minimieren.