Die Prüfung der marktübergreifenden Bedeutung Microsofts – Digitalunternehmen stehen zunehmend im Fokus des Bundeskartellamts

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Natalie Freiin von Beust

Mit Meldung des Bundeskartellamts (BKartA) vom 28.03.2023 wurde bekannt, dass ein Verfahren gegen Microsoft eingeleitet wurde, um zu prüfen, ob dem Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt.

Rechtsgrundlage des Verfahrens ist § 19a GWB, der Anfang 2021 neu in das Gesetz eingeführt wurde und der dem BKartA innerhalb der erweiterten Missbrauchsaufsicht über große Digitalkonzerne erweitere Befugnisse einräumt. Im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens können Digitalkonzernen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb nun bestimmte wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagt werden.

Gegen Microsoft wurde jetzt die erste Stufe und damit das Verfahren zur Feststellung der marktübergreifenden Bedeutung eingeleitet. Ursache und möglicher Anhaltspunkt für eine marktübergreifende Stellung kann das Vorliegen eines „digitalen Ökosystems“ sein, das sich über verschiedene Märkte erstreckt – damit einhergehende Machtstellungen sind von anderen Unternehmen oft kaum angreifbar. Laut dem Präsidenten des BKartA, Andreas Mundt, hat Microsoft mit Windows und den Office-Produkten „traditionell eine sehr starke Stellung bei Betriebssystemen und Büro-Software“. Microsoft hat seine Produktpalette stetig erweitert und dabei insbesondere auch durch die Cloud-Dienste Azure und OneDrive sowie allen voran mit Teams, der Software für Videokonferenzen, ungemein an Bedeutung für den Markt gewonnen. Microsoft zeigt zudem auch in Bereichen des Gaming durch die Xbox, der Karrierenetzwerke mit LinkedIn und auch der Internet-Suche durch die Suchmaschine Bing starke Präsenz und erreicht aktuell gerade auch durch die Integration von Anwendungen der künstlichen Intelligenz Aufmerksamkeit.  All diese Gründe sind nun Anlass zur Prüfung, ob Microsoft eine überragende marktübergreifende Bedeutung zukommt. Nur über die positive Feststellung dieser marktübergreifenden Bedeutung können wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen frühzeitig erkannt und untersagt werden. Gegenstand des Feststellungsverfahrens auf dieser ersten Stufe sind allerdings keine konkreten Verhaltensweisen von Microsoft – diese können und werden auch nur in Abstimmung mit der Europäischen Kommission und mglw. anderen Wettbewerbsbehörden und auch erst anlässlich etwaiger Beschwerden oder sonstigen Hinweisen gesondert überprüft.

Dass das BKartA derzeit ein „besonderes Auge“ auf große Digitalkonzerne hat, ist nicht von der Hand zu weisen – die überragende marktübergreifende Bedeutung wurde 2022 sowohl für Alphabet/Google als auch für Meta rechtskräftig festgestellt. Amazon hat eine entsprechende Verfügung des BKartA mit eben dieser Feststellung angefochten – das Beschwerdeverfahren ist derzeit beim BGH anhängig, wohingegen die Prüfung der Marktstellung des Apple-Konzerns derzeit noch nicht abgeschlossen, aber bereits weit fortgeschritten ist.

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