Die „dGmbH“ - Digitalisierung im Kapitalgesellschaftsrecht

von Lieb Redaktion

Ein Beitrag von RAin Jasmin Klemm

In nahezu allen Unternehmen ist die Digitalisierung aus dem täglichen Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken. Aber auch für die Gründung von GmbHs tun sich neue Möglichkeiten auf: Mit der Richtlinie zur „Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht“ wurde ein Rechtsrahmen für die Online-Gründung von Kapitalgesellschaften geschaffen.

Bislang verlangt § 2 I S. 1 GmbHG die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages, was einen Besuch beim Notar unumgänglich macht. Dies ist vor allem für Gründer aus dem Ausland zeit- und kostenintensiv. In Deutschland kann eine Gründung bis zu 4 Wochen in Anspruch nehmen, mit dem neuen Verfahren soll diese schon innerhalb von 5 Arbeitstagen nach Einreichung der Anmeldung zum Handelsregister und der Zahlung des Stammkapitals möglich sein.

Auch in Zukunft soll der Notar aber weiterhin eine entscheidende Rolle für die Gründung und Eintragung ins Handelsregister spielen. Denn immerhin bietet das klassische Vorgehen ein hohes Maß an Rechtssicherheit, welches auch erhalten bleiben soll, da eine missbräuchliche Fehleintragung neuer Gesellschafter oder Geschäftsführer im Handelsregister praktisch ausgeschlossen ist.

Doch wie lassen sich nun die Vorzüge der Digitalisierung mit denen der „Kontrollinstanz Notar“ im Hinblick auf die Verlässlichkeit des Handelsregisters vereinen?

Mittels einer Videokonferenz soll eine Online Beurkundung durchgeführt und gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. So kann nämlich sowohl die Beratung als auch die Identifikation des Gründers vorgenommen werden. Die Bundesnotarkammer hat dafür bereits ein Portal entwickelt. Für die Online-Beurkundung wird dann nur ein Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion oder ein anderes Identifizierungsmittel der höchsten Sicherheitsstufe nach der eIDAS-Verordnung (über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt) benötigt. Der Notar kann die Echtheit des Personalausweises verifizieren, das hinterlegte Lichtbild abrufen und über ein sicheres Kommunikationsverfahren mittels NFC fähigem Mobiltelefon die erforderlichen Daten drahtlos und ohne weitere Zwischenschritte von dem Personalausweis auslesen. Der Gründer unterschreibt anschließend mit qualifizierter elektronischer Signatur und erhält eine TAN, die auf das Mobiltelefon gesendet und über das Portal eingegeben wird. Ein Veto-Recht bleibt dem Notar dennoch erhalten, da er bei Zweifeln, z.B. über die Identität oder die Geschäftsfähigkeit, die Online-Beurkundung ablehnen und einen Termin zur herkömmlichen Beurkundung verlangen kann.

Fazit: Der erste Schritt der Europäischen Union, durch die Digitalisierung im Gesellschaftsrecht weitere Handelshemmnisse in Europa abzubauen, ist getan. Dennoch bleibt ein weiter Spielraum nach oben. Bereits bei Abweichungen von der Bar-Gründung (z.B. durch Sacheinlagen) stößt das neue Verfahren an seine Grenzen. Der Reformansatz ist gut aber sehr ausbaufähig, da wohl alle der Gründung nachfolgenden Schritte wie z.B. Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen, Verschmelzungen etc. nicht mehr online ablaufen, obwohl technisch auch viel mehr nötig und möglich wäre.

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