Das Hinweisgeberschutzgesetz – die Umsetzung der EU-Whistleblower-RL

von Gernot Malecha | Lieb.Rechtsanwälte

Der deutsche Gesetzgeber will die EU-Whistleblower-Richtlinie durch das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) umsetzen. Durch das Hinweisgeberschutzgesetz werden transparente Regelungen in Bezug auf den Schutz des Hinweisgebers sowie auf die Prozesse, welche infolge des Whistleblowings in Gang gesetzt werden, getroffen.

 

Geltungsbereich

Der aktuelle Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes gilt dem Schutz natürlicher Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit von Verstößen Kenntnis erlangt haben und diese an die entsprechende Meldestelle weitergegeben haben. Das Gesetz verbietet Repressalien, wie Abmahnung o.Ä., gegenüber Whistleblowern um zu verhindern, dass Hinweisgeber bei der Meldung von Verstößen zögern.

 

Anzeigepflichten für Arbeitnehmer

Eine Pflicht für Arbeitnehmer für Missstände hinzuweisen sieht das HinSchG hingegen nicht vor, die Regelungen zielen aber darauf ab, Mitarbeiter zu motivieren Fehlverhalten ihres Arbeitgebers zumindest der internen Meldestelle mitzuteilen, indem er umfänglich vor Repressalien geschützt wird und Maßnahmen zur Bewahrung der Anonymität des Hinweisgebers durch das Gesetz getroffen werden.

 

Interne und externe Meldesysteme

Als Ausgleich für den Schutz des Arbeitnehmers, sieht das Gesetz auch die Einrichtung interner Meldesysteme vor. Hierdurch wird den Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt, auf Missstände zu reagieren, bevor die Öffentlichkeit davon erfährt und es zu wirtschaftlichen Schäden kommt. Unternehmen werden vor der Meldung grob fahrlässiger Falschmeldungen geschützt, indem hierfür Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.

Gemäß § 19 HinSchG wird beim Bundesamt für Justiz eine externe Meldestelle eingerichtet, die zuständig ist, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften eine andere Zuständigkeit ergibt. Die übrigen Zuständigkeiten liegen bei den Ländern (bei Meldungen bzgl. Landes- und Kommunalverwaltungen), der BaFin (Meldungen mit aktienrechtlichem Bezug), dem Bundeskartellamt (Meldungen über Verstöße gegen Binnenmarktvorschriften, s.a. § 2 Abs.2 Nr. 2 HinSchG). Außerdem richtet der Bund eine weitere externe Meldestelle für externe Meldungen die die externe Meldestelle des Bundes betreffen, ein und eine weitere externe Meldestelle für externe Meldungen die die übrigen externen Meldestellen betreffen.

Der Gesetzentwurf behandelt interne und externe Meldewege vollständig gleichwertig. Ein Hinweisgeber hat daher die Wahl, ob er zuerst intern auf Missstände im Unternehmen hinweist, oder sich direkt an eine externe Behörde wendet.

 

Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle

Für kleine Unternehmen bis 50 Mitarbeitern, ist es freiwillig, eine interne Meldestelle einzurichten- Anders ist es bei Unternehmen ab 50 Mitarbeitern, diese sind dazu verpflichtet. Für Unternehmen mit bis zu 250 Angestellten gewährt der Gesetzgeber im Entwurf eine Übergangsfrist bis Dezember 2023. Diesen wird außerdem die Möglichkeit eingeräumt, zusammen mit anderen Unternehmen eine gemeinsame Meldestelle einrichten. Etwas ähnliches gilt für Konzernunternehmen, welche eine Meldestelle zentral bei der Konzernmutter etablieren können.

Größere Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten bekommen keine Übergangsphase. Sie müssen sofort handeln und eine Meldestelle einrichten.  Selbiges ist auch bei Unternehmen bestimmter Branchen zu beachten. Hier hat der Gesetzgeber wohl aus den verschiedenen Skandalen, wie Cum-Ex und Wirecard gelernt, anders wäre es nicht zu erklären, dass Unternehmen welche im Segment der Wertpapierdienstleistungen und Versicherungen unabhängig von der Größe des Unternehmens ohne Übergangsfrist eine interne Meldestelle einrichten müssen.

Die Aufgaben der internen Meldestellen können auch durch Dritte, wie z.B. Rechtsanwaltskanzleien übernommen werden.

 

Verfahrensabläufe

Wie bereits oben beschrieben sind die Verfahrensabläufe im Hinweisgeberschutzgesetz transparent geregelt. Demnach gibt es Dokumentationspflichten, Fristen für Rückmeldungen an den Whistleblower und die Pflicht zur Einleitung von Folgemaßnahmen wie z.B. eine interne Untersuchung.

Für den Hinweisgeber muss es möglich sein, seine Meldung schriftlich, mündlich oder persönlich einzureichen. Die interne Meldestelle hat dem Hinweisgeber binnen 7 Tagen den Eingang der Meldung zu bestätigen. Externe Meldestellen müssen dies umgehend, spätestens aber nach sieben Tagen tun.

Eine Rückmeldung muss innerhalb von drei Monaten nach Bestätigung des Eingangs erfolgen und darlegen, welche weiteren Maßnahmen geplant oder bereits ergriffen wurden.

Die Identität eines Hinweisgebers soll möglichst effektiv geschützt werden, daher darf die Identität des Hinweisgebers nur dem zuständigen Bearbeiter bekannt sein, Ausnahme hiervon ist, wenn die Identität an die Strafverfolgungsbehörden wegen eines Strafverfahrens herausgegeben werden soll oder ein Gerichtsbeschluss dies anordnet.

Es ist zwar nicht geregelt, welche Personen bzw. Organisationseinheiten besonders dafür geeignet sind, die Aufgaben einer internen Meldestelle zu erfüllen, da diese jedoch die Unabhängigkeit wahren und frei von Interessenkonflikten sein sollen, erwähnt die EU-Whistleblower-Richtlinie hier beispielsweise die Mitarbeiter der Compliance- oder Rechtsabteilung oder den Datenschutzbeauftragten des Unternehmens bzw. externe Berater. Wichtig ist, dass die verantwortlichen Personen für die Aufgabe besonders geschult werden und insbesondere auch geltende Datenschutzvorschriften kennen.

 

Beweislastumkehr

Arbeitgeber sollten weiterhin beachten, dass im Falle der Kündigung eines Whistleblowers zu dessen Gunsten vermutet wird, dass die Kündigung aufgrund des Hinweises ausgesprochen wurde, der Arbeitgeber muss daher nachweisen, dass zwischen der Kündigung und der Meldung keine Korrelation besteht.

 

Sanktionen und Schadensersatz

Letztlich enthält der Entwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz außerdem Bestimmungen zu Schadensersatzansprüchen und Sanktionen. Demnach Ist einer hinweisgebenden Person der Schaden zu ersetzen, der ihr entsteht, wenn deren Arbeitgeber gegen das Verbot von Repressalien verstößt. Ordnungswidrig verhält sich ein Unternehmen, wenn es gegen die wesentlichen Vorgaben des Gesetzes verstößt. Dies wäre der Fall, wenn Meldungen behindert werden. Auch das Nichtbetreiben einer internen Meldestelle trotz Verpflichtung kann mit einem Bußgeld belegt werden.

 

Fazit

Mit dem Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes geht der Gesetzgeber, wenn auch gezwungenermaßen, in die richtige Richtung. Whistleblowern wird es erheblich erleichtert, Missstände in Unternehmen aufzuzeigen, ohne dafür eine „Hexenjagd“ fürchten zu müssen. Dennoch gibt es noch Verbesserungsbedarf. Insbesondere die Wahlfreiheit, ob der Hinweisgeber einen externen oder internen Meldekanal nutzen möchte, sollte überarbeitet werden. In der Begründung des Referentenentwurfs wird auf Seite 108 eine Privilegierung des internen Meldeweges zwar angesprochen, („Hinweisgeber fühlen sich in der Regel wohler,…..“) jedoch nicht umgesetzt, da man dem Hinweisgeber die Wahl lassen möchte um den Meldeweg zu wählen, der sich am ehesten angesichts der fallspezifischen Umstände eignet. Dies entspricht aber nicht dem Richtlinientext der in Art. 7 Abs. 2 regelt, dass „Die Mitgliedstaaten sich dafür ein[setzen] dass die Meldung über interne Meldekanäle gegenüber der Meldung über externe Meldekanäle in den Fällen bevorzugt wird, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und der Hinweisgeber keine Repressalien befürchtet.“. Angemessen wäre daher, eine Soll-Vorschrift einzufügen, welche dem Hinweisgeber den Gang zur internen Meldestelle empfiehlt wenn dies unter bestimmten Voraussetzungen als ausreichend zu erachten ist.

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