BSG-Urteil zur Verrechnung alter Regresse im Insolvenzfall
von Lieb Rechtsanwälte
Muss ein Arzt in die Insolvenz gehen, kann die Kassenärztliche Vereinigung (KV) eventuelle Regressforderungen mit alten Honoraransprüchen aufrechnen, wie das Bundessozialgericht in Kassel mit Urteil vom 03.02.2010 (Az.: B 6 KA 30/08 R) entschieden hat. Dies wiederum kommt dem betroffenen Arzt bei einem etwaigen späteren Neustart zugute.
Das Bundessozialgericht hatte über den Fall eines Berliner Vertragsarztes zu entscheiden, der in die Insolvenz ging. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren einerseits noch Honorarzahlungen für zwei vorausgehende Quartale offen, auf der anderen Seite standen Regressforderungen von Krankenkassen aus Wirtschaftlichkeitsprüfungen aus. Die Kassenärztliche Vereinigung nahm eine Aufrechnung vor und zahlte deshalb die Honorare nicht voll aus. Der Insolvenzverwalter klagte auf Zahlung der einbehaltenen Beträge.
Das BSG wies die Klage ab mit dem Argument, dass ein Honoraranspruch schon mit der Erbringung der vertragsärztlichen Leistung entsteht und der Arzt schon zu diesem Zeitpunkt "alles ihm Mögliche für seinen Vergütungsanspruch getan"hat. Der Anspruch wird mit dem Honorarbescheid nur "konkretisiert". Auch wenn die Bescheide zum Teil erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlassen wurden, sei - so das BSG - die Honorarforderung daher noch der Zeit vor der Insolvenz zuzurechnen. Die Aufrechnung durch die KV war damit rechtens.
Das Urteil des BSG hat zwei Wirkungen. Es begünstigt einerseits Regressforderungen der Kasse gegenüber anderen Gläubigern, die sich lediglich anteilig aus der Konkursmasse befriedigen können. Auch wenn der Arzt von den Honoraren nichts gehabt hätte, wirkt sich das Urteil für ihn jedoch insoweit vorteilhaft aus, als er aufgrund dieser Bevorzugung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht mehr mit den Regressforderungen belastet ist, falls er dann eine neue Vertragsarztpraxis gründen möchte. Er muss dann auch keine Aufrechnung mit seinen neuen Honoraren mehr befürchten.